Düngeverordnung bringt Landwirte in die Klemme
Bei der Vorstellung der diesjährigen Erntebilanz hat Gerhard Schwetje, Präsident der Landwirtschaftskammer Niedersachsen, die jüngst in Kraft getretene Düngeverordnung scharf kritisiert. Er nannte sie „ein mit heißer Nadel gestricktes Gesetz“, das unbedingt noch vor der Bundestagswahl habe verabschiedet werden sollen. „Jetzt wird offensichtlich, dass hier nachgebessert werden muss.“
Denn viele Landwirte stecken derzeit in der Klemme. Eigentlich hätten sie die Wintergerste und den Winterraps bis zum 1. Oktober aussähen müssen, um noch düngen zu können. Denn ab Oktober ist das Düngen auf diesen Äckern dann verboten. Doch wegen des verregneten Septembers waren vielerorts die Böden zu nass, sodass die Bauern erst jetzt aussähen können. „Wir werden nicht zulassen, dass die Landwirte rechtlich ins offene Messer laufen, weil sie in den entscheidenden 14 Tagen nicht aufs Feld konnten“, sagt Schwetje. Die Landwirtschaftskammer werde deshalb auf Bund und Land einwirken, um für solche Fälle eine Lösung zu schaffen. „Wir können nur Gesetze akzeptieren, die auch praktikabel sind“, betont Schwetje.
Auch bei der Ernte hat das Wetter den Bauern in diesem Jahr stark geschadet. Oft mussten sie viel mehr Zeit, Arbeitskraft und Geld einsetzen, um die Ernte einzubringen. Doch bei vielen Sorten fielen der Ertrag und die Qualität dennoch geringer aus als erwartet. Vor allem der Raps hat unter dem kalten und nassen Frühjahr gelitten, Mais und Zuckerrüben konnten erst spät ausgesät werden. Beim Getreide hatten sich die Landwirte auch mehr erhofft. Anfang Juli noch gab sich der Interessenverband, das Landvolk, optimistisch, dass der Ertrag vom Vorjahr übertroffen werden könnte. 6,2 Millionen Tonnen Korn holten die niedersächsischen Bauern im vergangenen Jahr von ihren Feldern. Doch dann kam der verregnete Sommer, und zur Erntezeit konnten die Bauern nur knapp 6 Millionen Tonnen Korn einfahren. „Allerdings war das Getreide in vielen Regionen bei der Ernte noch sehr feucht und musste getrocknet werden“, erklärt Schwetje. Das wiederum trieb die Kosten für den Landwirt in die Höhe. Das Trocknen von 100 Kilo Getreide kostet etwa 1,50 Euro, am Markt bekommt er für die Menge im Schnitt 15 Euro.
Positiv hat sich die Kartoffel entwickelt, in Niedersachsen Hauptanbauprodukt. Zwölf Prozent mehr werden die Bauern davon ernten können. Doch fraglich ist, ob sie sie auch übers Jahr lagern können. Denn durch die Feuchtigkeit haben sich Pilze wie die Knollenfäule ausgebreitet. Geraten solche befallenen Kartoffeln ins Lager, können sie große Schäden anrichten. Allen Feldfrüchten gemein ist dieses Jahr, dass sie schwer zu ernten waren. Getreide ist durch heftigen Regen umgeknickt, der Mais durch starken Wind und Orkanböen wie bei Sturm Xavier. Zuckerrüben und Kartoffeln können nur mit viel Erde aus dem Boden gehoben werden, was dem Acker schadet. „Bei den Rüben geht es zurzeit dank der trockenen Tage etwas besser, aber noch immer faulen viele Kartoffeln auf den Äckern vor sich hin“, sagt Schwetje.
Die Landwirte im Raum Peine, Hildesheim und Goslar haben zudem noch mit den Spätfolgen des Hochwassers im Juli zu tun. Hier sind ganze Ernten vernichtet worden. „Insgesamt 647 Landwirte haben sich bei uns gemeldet und Schadensersatz vom Land beantragt“, sagt Hans-Joachim Harms, Direktor der Landwirtschaftskammer. Betroffen seien knapp 10.000 Hektar Anbaufläche. Wie groß die Schadenssummen sind, kann er aber noch nicht sagen. „erst müssen Bund und Land eine Richtlinie veröffentlichen, wie die Abwicklung des Schadensausgleichs ablaufen soll“, sagt Harms. Erst dann könne man den entstandenen Schaden finanziell schätzen.