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Rundblick: Aus diesem Unverständnis heraus trat im vergangenen Herbst mit der Bauernbewegung „Land schafft Verbindung“ (LsV) ein neuer Akteur auf die politische Bühne. Auf den Demonstrationen gab es immer wieder Kritik am Landvolk, das sich nicht genug für die Interessen der Landwirte eingesetzt habe – etwa bei der Nitratrichtlinie und der damit verbundenen Dünge-Verordnung.
Wir sind alle Landwirte mit den gleichen Zielen. Wir nutzen nur unterschiedliche Instrumente, die sich aber auch gegenseitig ergänzen.
Ehlers: Ich glaube nicht, dass wir da Fehler gemacht haben. Das Thema Gewässerschutz und Düngeverordnung ist kein neues, da waren wir schon immer engagiert und haben uns eingebracht. Als Verband haben wir die Einteilung der „roten Gebiete“ kritisiert und zweifeln die Messstellen an. Nachdem unsere fachlichen Argumente von der Politik nicht aufgenommen wurden, haben wir Gutachten anfertigen lassen und unterstützen hierzu mehrere Klagen von Landwirten.
Rundblick: Sehen Sie die neue Bauernbewegung als Konkurrenz zum Landvolk?
Ehlers: Man wollte mit den Traktor-Demonstrationen ein Zeichen setzen und eine neue Form des Protests wagen. Treckerdemos gab es schon früher, aber die schnelle Form der Mobilisierung über die sozialen Netzwerke ist neu. Als Konkurrenz sehe ich die Bewegung aber nicht. Viele Bauern, die sich dort engagieren, sind auch Mitglied beim Landvolk. Wir stehen in regelmäßigem Austausch auf Landes- und Kreisebene. Zu Beginn haben wir LsV bei der Logistik und vor allem bei Fach-Informationen geholfen oder Kontakte zu Politikern hergestellt. Inzwischen hat LsV aber eigene Kontakte, das läuft mittlerweile selbstständig. Wir sind alle Landwirte mit den gleichen Zielen. Wir nutzen nur unterschiedliche Instrumente, die sich aber auch gegenseitig ergänzen.
Rundblick: Es gibt also eine Arbeitsteilung: LsV kümmert sich um die Demo, das Landvolk ist der seriöse Ansprechpartner für die Politik?
Ehlers: Wir spielen uns gegenseitig die Bälle zu, das kann man schon sagen. Schließlich wollen wir alle, dass es den Betrieben gut geht. Bei den Verhandlungen zum „Niedersächsischen Weg“ saßen wir gemeinsam mit LsV und auch mit der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft (AbL) an einem Tisch. Wir wollen, dass der Kompromiss auch in der Landwirtschaft auf einer möglichst breiten Basis steht.
Ich werbe für das sogenannte holländische Modell bei den Agrar-Umwelt-Maßnahmen. In Deutschland werden Maßnahmen gefördert – in den Niederlanden Ergebnisse.
Rundblick: Beim „Niedersächsischen Weg“ haben Landesregierung, Naturschutz- und Bauernverbände an einem Gesetzespaket gearbeitet, das mehr Artenschutz gewährleisten soll. Ein Verhandlungspartner, der Nabu, hat aber zeitgleich ein Volksbegehren vorangetrieben. Hat das den Konflikt zwischen Bauern und Naturschützern noch verschärft?
Ehlers: Regional hat es die Stimmung schon angeheizt. Ich hätte mir vom Nabu gewünscht, dass er frühzeitig aus dem Volksbegehren aussteigt. Doch Nabu-Chef Holger Buschmann hat sein doppeltes Spiel immer mit dem Druck begründet, den die Regierung brauche. Ich habe den Druck aber eher als hinderlich empfunden. Wir haben mit dem „Niedersächsischen Weg“ viele strittige Themen abgearbeitet. Ich hoffe wirklich, dass wir wieder zur Ruhe kommen, und die Landwirte wünschen sich, dass sie wieder in Ruhe auf ihren Höfen arbeiten können. Ich spüre eine deutliche Überforderung in den Betrieben.
Rundblick: Was muss denn sonst noch passieren, damit die Landwirte wieder etwas durchatmen können?
Ehlers: Ein wesentlicher Punkt ist die Entbürokratisierung. Ich selbst werbe beispielsweise für das sogenannte holländische Modell bei den Agrar-Umwelt-Maßnahmen. Zurzeit ist es so, dass solche Förderprojekte mit vielen Nachweispflichten für den Landwirt verbunden sind. Es wird ein Vertrag unterschrieben, und dann müssen die einzelnen Bestimmungen fristgerecht umgesetzt und jeder Schritt genau dokumentiert werden. In den Niederlanden funktioniert es anders. Da schließen sich Landwirte und Naturschützer in einer Kooperation zusammen und setzen sich ein gemeinsames Ziel – zum Beispiel die Förderung einer bestimmten Vogelart. Dafür gibt es dann Geld vom Staat, aber nicht jeder einzelne Schritt wird vorgeschrieben. Stattdessen wird nach einer gewissen Zeit geschaut, wie erfolgreich der eingeschlagene Weg war und wenn das Ergebnis noch nicht stimmt, wird nachjustiert. Die Dokumentationspflichten fallen viel geringer aus, und die Verantwortung lastet nicht allein auf dem Landwirt, sondern auf der Kooperationsgemeinschaft. In Deutschland werden Maßnahmen gefördert – in den Niederlanden Ergebnisse.
