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Rundblick: Und woran lag es Ihrer Ansicht nach, dass die Kommunikation zwischen den beiden Ministerien so schlecht lief? Hennies: Das liegt mehr an den handelnden Personen, also den beiden Ministerinnen Klöckner und Schulze und den beiden Fraktionen und weniger an der Parteizugehörigkeit. Da sehen wir ja in Niedersachsen, dass die Zusammenarbeit auch sehr gut klappen kann, wenn CDU und SPD für Agrar und Umwelt zuständig sind. Rundblick: Kritiker geben auch dem Bauernverband eine Mitschuld daran, dass die Umsetzung der Nitratrichtlinie so lange herausgezögert wurde. Hennies: Für den Deutschen Bauernverband mag das für die ersten Jahre stimmen, aber spätestens seit 2015 hat auch der Bauernverband mit Nachdruck versucht, die neue Düngeverordnung abzuschließen. Die grundsätzliche Einstellung, dass man ein Thema schieben kann und es sich dann schon von allein löst, halte ich nicht für richtig. Man darf sich bei diesen Fragen nicht wegducken. Das hat uns auch viel Glaubwürdigkeit gekostet – bei der Bevölkerung und bei der Politik. Da versuchen wir nun stark gegenzusteuern, indem wir bei der Düngeverordnung mit den aktuellen Zahlen argumentieren. Da erkennt man auch, dass die 2017er Düngeverordnung für die Umwelt viel besser war als der jetzige Weg. Rundblick: Wie meinen Sie das?
Die grundsätzliche Einstellung, dass man ein Thema schieben kann und es sich dann schon von allein löst, halte ich nicht für richtig.
Hennies: In der 2017er Düngeverordnung wurde auf die Emissionen geschaut. Wer zu viel Nährstoffe ausbringt, bekommt eine Vor-Ort-Kontrolle der Düngebehörde. Mit dem Enni-Programm haben wir da in Niedersachsen auch ein gutes Instrument gefunden, wie das effektiv kontrolliert werden kann. Aber jetzt wird das Grundwasser angeschaut und stellt man da eine Verunreinigung durch zu viele Nitrat fest, werden alle Betriebe in der Region unter Generalverdacht gestellt. Das Problem wird damit aber nicht gezielt angegangen. Wir begünstigen damit die Betriebe, die lange überzogen haben, und schwächen die, die immer ordentlich gewirtschaftet haben. Der nächste Nährstoffbericht wird zeigen, dass es über das ganze Land betrachtet keine Überschüsse mehr gibt sind. Aber diese Kontrollmöglichkeit wird jetzt abgeschafft.
Rundblick: Die Auseinandersetzung mit der Düngeverordnung hat die neue Bauernbewegung „Land schafft Verbindung“ (LsV) auf den Plan gerufen. Was hat sich dadurch verändert?
Hennies: Ein Erfolg der Demos ist auf jeden Fall: Der Landwirtschaft wird wieder zugehört. Als Ventil ist LsV sicher gut. In meinem Kreisverband Hannover hat es außerdem dazu geführt, dass der Austausch mit unseren jungen Mitgliedern deutlich intensiver geworden ist. Wichtig ist, dass wir die Kommunikation weiter aufrechterhalten. Die Zusammenarbeit klappt auch ganz gut. Beim „Niedersächsischen Weg“ haben wir mit LsV-Naturschutzfachleuten sehr vertrauensvoll zusammengearbeitet. Ich hoffe nur, dass es auch für alle anderen verbindlich ist.
Rundblick: Wieso machen Sie sich da Sorgen?
Der Umweltschutz ist für mich eine Herzensangelegenheit, die sicherlich ein Schwerpunktthema für die nächsten drei Jahre sein wird.
Hennies: Es ist schwierig, solange LsV keine gewählten Strukturen hat. Beim Bauernverband haben wir diese Strukturen, und wer da verhandelt, haftet auch für das Ergebnis. Aber bei einer losen Bewegung ist es schwierig, verbindliche Zusagen zu bekommen, an die sich dann auch alle halten. Wir versuchen jetzt, engagierte Leute, die ja auch unsere Mitglieder sind, in unsere Vorstände zu bekommen. Da werden wir aber nicht gerade überrannt.
Rundblick: Die Bauernbewegung kann erstaunlich viele, vor allem junge Landwirte mobilisieren. Kann sich das Landvolk da auch etwas abschauen?
Hennies: Was die Flexibilität angeht, können wir das sicherlich. Im Kreisverband haben wir beispielsweise eine Wahlperiode von sechs Jahren, das ist gerade für junge Leute nicht besonders attraktiv. Das wurde ursprünglich gemacht, damit wir nicht alle drei Jahre neue Leute für den Vorstand suchen müssen – aber vielleicht ist es an der Zeit, das zu ändern. Zusätzlich könnten wir Ad-hoc-Arbeitskreise einrichten, in denen sich die Mitglieder themenbezogen beteiligen können.
Rundblick: Beim „Niedersächsischen Weg“ haben Sie auch eng mit den Naturschutzverbänden Nabu und BUND zusammengearbeitet. Aber der Nabu hat zeitgleich ein Volksbegehren vorangetrieben. Wie haben Sie die Zusammenarbeit erlebt?
Hennies: Sagen wir so: Die Gespräche mit dem BUND waren sehr konstruktiv. Die waren eben auch nicht Betreiber, sondern nur Unterstützer des Volksbegehrens. Der BUND hatte sich entschieden, den gemeinsamen Pfad einzuschlagen – der Nabu nicht. Gerade vor Ort hat das Vertrauen aufgrund dieser Doppelstrategie gelitten. Wieso sollte ein Landwirt jetzt noch Nabu-Mitglieder für eine Vogelzählung auf sein Feld lassen, wenn die eigentlich seine Flächen quasi enteignen wollten?
