Es muss doch vorangehen, wir brauchen doch Entscheidungen über die Möglichkeit, Anträge elektronisch zu stellen. Wenn die Wirtschaftlichkeitsprüfung des Landes negativ ausgehen sollte, muss die kommunale Familie selbst etwas aufbauen.
Wiswe ärgert es auch, dass auf Landesebene gerade die Wirtschaftlichkeit einer gemeinsamen technischen Basis einer Online-Verwaltung überprüft wird. „Es muss doch vorangehen, wir brauchen doch Entscheidungen über die Möglichkeit, Anträge elektronisch zu stellen. Wenn die Wirtschaftlichkeitsprüfung des Landes negativ ausgehen sollte, muss die kommunale Familie selbst etwas aufbauen.“ Ein neues Portal für die Kommunen würde aber Kosten im sechsstelligen Bereich verursachen, und das sei vermeidbar.
Vordringlich seien jetzt ein Servicekonto und ein Online-Formularservice. Das aus Sicht des Landekreistages schwerfällige Voranschreiten beim Aufbau der elektronischen Aktenführung ist nur einer von mehreren Punkten, die Wiswe in seiner Rede kritisch ansprach. Das Verhältnis zur Landesregierung sei zwar „sehr gut und störungsfrei“, betonte der Celler Landrat. Aber in einigen Details gebe es Schwierigkeiten:
Natura 2000: Die Auflagen der EU, die notwendigen Gebiete auszuweisen, würden seit 2014 von den Landkreisen zielstrebig angepackt. Aber es habe zwischen Umwelt- und Agrarministerium wiederholt Konflikte in der Sache gegeben, und das schon seit rot-grünen Zeiten. Die Ursache dafür, dass die Pläne schwerfällig vorangingen, lägen noch am früheren Umweltminister Hans-Heinrich Sander von der FDP. Bezogen auf 306 Gebiete habe man die Pläne erfolgreich abgeschlossen, in 79 „schwierigen Fällen“ jedoch ließen die Ergebnisse auf sich warten. Auch wenn Umweltminister Olaf Lies (SPD) angesichts der Erwartungen aus Brüssel jetzt Druck mache, könnten die Landkreise die restlichen Arbeiten „nicht in den nächsten drei Monaten flächendeckend erledigen“.
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Ein anderes Problem sei die Frage, wie die als naturnah ausgewiesenen Areale später gepflegt werden sollen. Bis 2027 seien dafür nach Schätzungen des Umweltressorts 400 Millionen Euro nötig, doch in der Finanzplanung des Landes tauchten lediglich 9 Millionen Euro auf. „Das reicht nicht“, betonte Wiswe. Ministerpräsident Stephan Weil entgegnete später, diese 9 Millionen Euro seien lediglich die geplante Steigerung. Insgesamt seien es 60 Millionen, und mit dem Klimaschutz-Maßnahmenplan komme man „wohl auf eine Summe von 90 Millionen Euro“.

Die Digitalisierung kommt nicht voran. In Niedersachsen sind die Ergebnisse der bisherigen Vorbereitungen aber außerordentlich ernüchternd.
Gesundheit: Die 120 Millionen Euro, die das Land jährlich an Investitionen für die Krankenhäuser bereitstellt, reichten nicht aus. Zusätzlich eine Milliarde Euro würden benötigt, wenn man den Stau in einigen Bereichen beseitigen wolle. Wiswe empfahl, Geld aus dem Haushaltsüberschuss von 2019 dafür zu verwenden. Ministerpräsident Weil betonte, seine Regierung folge nicht den Ratschlägen, die Zahl der Krankenhäuser in Niedersachsen, derzeit 172, drastisch zu verringern. Gleichwohl könne es keine Bestandsgarantie für jede Klinik geben.
Altschulden: Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Landkreistages, Prof. Hans-Günter Henneke, wandte sich gegen Pläne von Bundesfinanzminister Olaf Scholz, der Bund könne die Altschulden der deutschen Kommunen von 35 Milliarden Euro tilgen – vornehmlich der Städte in NRW, Rheinland-Pfalz und Saarland. Henneke betonte, das sei ein „Monopolyspiel“, denn eigentlich hätten die Kommunen einen verfassungsrechtlichen Anspruch auf eine ausreichende Mindestausstattung. Beispielsweise NRW und Rheinland-Pfalz hätten diesen aber nicht erfüllt. In Niedersachsen, wo schon vor zehn Jahren ein Entschuldungsprogramm für die Kommunen vom Land gestartet worden war, sei dies anders gewesen. Wenn man sich auf Scholz‘ Überlegungen einlasse, gefährde man die eigenen Position im Drängen auf die Einhaltung verfassungsrechtlicher Vorschriften. Ministerpräsident Weil sagte, der Plan von Bundesminister Scholz könne nur zum Tragen kommen, wenn die niedersächsischen Vorleistungen, also das bereits laufende Programm der Kommunalentschuldung, dabei berücksichtigt werden. (kw)