20. Apr. 2020 · 
Bildung

Landesregierung kommt Sorgen der Städte wegen Kindergarten-Notbetreuung entgegen

Die jüngsten Änderungen an den Vorschriften zur sogenannten „Notbetreuung“ in den Kindergärten haben die Kommunalverbände auf die Palme gebracht. Vergangenen Freitag hatte die Landesregierung nachmittags mitgeteilt, dass der Kreis derer, die Notbetreuung ihrer Kinder in Schulen oder Kindertagesstätten annehmen, erweitert werden soll. Das war aber offenbar zwischen dem Kultusministerium und den Kommunalverbänden einige Stunden zuvor nicht so besprochen worden – weshalb bei den Städten die Befürchtung laut wurde, nun werde es von Beginn dieser Woche an einen wahren Ansturm auf die Kindergärten geben. Die Kommunalverbände wählten als Überschrift für ihre Pressemitteilung „Notbetreuung außer Kontrolle!“, und der Präsident des Niedersächsischen Städtetages (NST), Lüneburgs Oberbürgermeister Ulrich Mädge (SPD), griff im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick am Montagvormittag Kultusminister Grant Hendrik Tonne (SPD) frontal an: „Ich wünsche mir eine bessere Kommunikation zwischen dem Kultusministerium und uns. Wir sitzen täglich zusammen und beraten – aber wenn es um wirklich wichtige Abstimmungen geht, dann geschieht das nicht, sondern wir sollen die Erlasse einfach nur umsetzen.“

Kultusministerium: Belegungsschlüssel für Notgruppen nur Richtlinie

Bis Montagnachmittag hatte sich die Sache allerdings etwas entspannt – denn das Kultusministerium sicherte den Kommunalverbänden zu, dass die neuen Regeln lediglich als Orientierungsrahmen gedacht seien und die Eltern aus der neuen Verordnung vom 17. April keinen Rechtsanspruch auf einen Platz ihres Kindes in der Notbetreuung ableiten könnten. Außerdem seien die Personalvorgaben, zwei Erzieher und maximal fünf betreute Kinder je Notgruppe, auch keine verbindliche Vorschrift, sondern eine Richtlinie. Mit anderen Worten: Wenn es sieben oder acht Kinder sind, würde das Ministerium das vermutlich auch tolerieren. Ausdrücklich steht das jetzt zwar nicht geschrieben, aber die Signale der Landesregierung an die Kommunen lassen sich so deuten. https://www.youtube.com/watch?v=Tfsm50dEqTs&feature=youtu.be Was tatsächlich seit dem 17. April neu ist und viele Bürgermeister nachhaltig irritiert hat, ist die Ausweitung des Kreises derer, die Notbetreuung beanspruchen können: Anfangs war das nur gedacht für Fälle, in denen beide Elternteile in Gesundheitssektor oder in anderen, derzeit besonders wichtigen Berufen der kritischen Infrastruktur tätig sind. Nach der aktuellen Änderung richtet sich die Notbetreuung an Kinder, „bei denen mindestens ein Erziehungsberechtigter in betriebsnotwendiger Stellung in einem Berufszweig von allgemeinem öffentlichem Interesse tätig ist“. Auch wenn eine Kündigung drohe oder erheblicher Verdienstausfall, solle dieser Weg möglich sein. Hiermit wird der Kreis der Berechtigten auf fast jedermann ausgeweitet. Das kann auch damit zusammenhängen, dass laut Infektionsschutzgesetz Eltern Verdienstausfall geltend machen können, wenn sie wegen nachgewiesen notwendiger Kinderbetreuung ihren Beruf nicht ausüben können.

Mädge: Nur in ländlichen Regionen reicht die Notbetreuung

Immer wieder hat die Vize-Leiterin des Krisenstabes, Claudia Schröder, auf den Umstand hingewiesen, dass es auch nach dieser Lockerung keinen Freifahrtschein für eine Kindergarten-Notbetreuung geben kann und darf. „Jeder, der diesen Weg in Anspruch nehmen will, muss darlegen, dass sein Kind nicht anders betreut werden kann“, betont sie. NST-Präsident Mädge meint nun, der Notbetreuung-Anspruch könne womöglich in ländlichen Gegenden ganz gut erfüllt werden. In mittleren und größeren Städten allerdings drohten jetzt schon die ersten Bürgermeister an ihre Grenzen zu stoßen – denn die Nachfrage nach Notbetreuung werde wachsen, zumal auch viele Eltern nach Ende der Osterferien wieder in ihren Jobs gefordert seien und immer noch unklar bleibe, wann der Kindergartenbetrieb wieder regulär anlaufe. Da je Erzieher nur kleine Gruppen betreut werden könnten und viele ältere Erzieher als Risikogruppe zuhause bleiben müssten, fehle Personal für eine Ausweitung der Not-Gruppen. Darüber aber habe das Kultusministerium mit den Kommunen nicht ausreichend gesprochen. „In Krisenzeiten muss schnell entschieden werden, das kann nicht anders sein. Aber dies muss dann begleitet werden mit frühzeitiger und intensiver Abstimmung und Kommunikation. Beim Kultusministerium hat das hier nicht geklappt“, erklärt Mädge. Wieder Behandlungen in Krankenhäusern? Derzeit sind 232 Covid19-Patienten in den Intensivbetten der niedersächsischen Kliniken, 157 von ihnen werden künstlich beatmet. Damit hält sich die Corona-Belegung in den Krankenhäusern noch in Grenzen. Claudia Schröder vom Krisenstab meinte gestern, man überlege nun, ob die Kliniken schrittweise wieder für die üblichen geplanten Behandlungen anderer Krankheiten geöffnet werden können. Bisher ist das bis zum 18. Mai untersagt. „Wir könnten es aber früher lockern“, sagte Schröder. Landtag ändert Geschäftsordnung: In der Landtags-Sondersitzung am 23. April wollen die Fraktionen von SPD, CDU, Grünen und FDP einen gemeinsamen Antrag zur Abstimmung stellen, der eine Änderung der Geschäftsordnung vorsieht: Künftig sollen Ausschussmitglieder – und Pressevertreter – auch per Video zu den Sitzungen der Fachausschüsse zugeschaltet werden können. Die über Video angebundenen Abgeordneten sollen sich auch an Abstimmungen beteiligen dürfen.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #075.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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