1. Sept. 2022 · 
Bildung

Landesrechnungshof: Nur Minderheit der Schulen hat ausreichendes Internet

Landesrechnungshof-Präsidentin Sandra von Klaeden und Abteilungsleiterin Heike Fliess. | Foto: LRH/Regine Rabanus

Der Landesrechnungshof hat auf massive Defizite in der Digitalisierung hingewiesen. Stichprobenartig hat die Prüfbehörde 68 allgemeinbildende Schulen untersucht und dabei festgestellt, dass nur 31 Prozent der Schulräume über einen leistungsfähigen LAN-Anschluss von einem Gbit pro Sekunde verfügt haben. Wenn es um die Ausstattung mit W-LAN von einem Mbit pro Sekunde geht, sei die Lage noch schlechter – diese Voraussetzung hätten nur 24 Prozent der untersuchten Schulräume erfüllt. Untersucht wurde auch, wie hoch der Aufwand ist, wenn Schulen die digitale Infrastruktur pflegen und die Technik nach einigen Jahren ersetzen – je Schule wären dazu jährliche Ausgaben von 30.000 Euro erforderlich.

Nur Drittel der Schulen nutzt "Niedersächsische Bildungscloud"

Nach einer Hochrechnung des Rechnungshofs würde somit der Ersatz der vorhandenen digitalen Infrastruktur in allen 792 allgemeinbildenden Schulen Niedersachsens jährlich 24 Millionen Euro kosten. Da der Standard und Umfang der Ausstattung jedoch bescheiden sei, müsste sich dieser Betrag bei einem angemessenen Ausbau der Angebote noch vervielfachen. Geprüft wurden Schulen in den Kreisen Holzminden, Lüchow-Dannenberg, Uelzen, Wesermarsch und Wittmund, sowie in den Städten Barsinghausen, Burgdorf, Friesoythe, Lehrte, Lohne (Oldenburg), Melle, Buxtehude, Barßel, Bohmte und Uetze. Dabei kam die Prüfbehörde auch zu dem Ergebnis, dass nur ein Drittel der überprüften Schulen das Angebot des Kultusministeriums, die „Niedersächsische Bildungscloud“ genutzt habe.

Digitalisierung der Schulen ist ins Stocken geraten

Dabei weist der Rechnungshof auch auf massive bundesweite Defizite hin. Für den „Digitalpakt Schule“ seien bis Jahresende 2021 bundesweit nur 1,2 Milliarden Euro abgeflossen. Das Doppelte dieses Betrages, 2,4 Milliarden Euro, sei zwar bewilligt, aber noch nicht ausgezahlt worden. In Niedersachsen sind die Zahlen noch drastischer: Bis Ende September 2021 waren 123 Millionen Euro an Mitteln aus diesem Topf beantragt, immerhin 117 Millionen seien schon bewilligt worden – aber erst 31 Millionen abgerufen. Für Niedersachsen steht insgesamt für die Jahre 2019 bis 2024 eine Summe von 522 Millionen Euro bereit. Schon diese Zahlen verdeutlichten nun, dass die Umsetzung des hohen Zieles der Digitalisierung der Schulen ins Stocken geraten sei. Für die Kommunalverbände sagte Marco Trips vom Städte- und Gemeindebund, die Verzögerungen lägen an den langen Antrags- und Abrechnungsfristen, bis Mai 2023 dürften noch Anträge vorgelegt werden. Tatsächlich sei man inzwischen aber schon viel weiter. Nicht nur in Schulen, auch in anderen Verwaltungsbereichen sind laut Rechnungshof Defizite bei der Digitalisierung spürbar geworden. In verschiedenen Kommunen wurden die Baugenehmigungsverfahren für Mehrfamilienhäuser überprüft und es wurde festgestellt, dass in einem Dutzend Fälle die zur Verfügung stehende Fachsoftware nicht angemessen genutzt worden sei.

Der Rechnungshof hat in seinem aktuellen „Kommunalbericht“ noch weitere Feststellungen getroffen:

Kommunale Schulden wachsen: Die Schulden der Kommunen sind 2021 auf 13 Milliarden Euro gestiegen. Rechnungshof-Präsidentin Sandra von Klaeden erklärt dazu, bei steigenden Kreditzinsen, höheren Gesamtausgaben und wachsenden Risiken sei ein hoher Schuldenstand ein Problem. Von den 449 Millionen Euro neuen Schulden der Kommunen im Jahr 2021 seien allein 445 Millionen Euro für neue Investitionen verwendet worden. Das sei sogar „sinnvoll und geboten“, da es ja einen großen Nachholbedarf gebe. Die Kommunen selbst würden diesen Stau mit 20,7 Milliarden Euro beziffern. Aber eine höhere Verschuldung macht aus Sicht des Rechnungshofs eine vorausschauende und sparsame Haushaltsführung der Kommunen notwendig.

Weser-Ems schlägt Bezirk Hannover: Der Rechnungshof hat beispielhaft untersucht, wie ausgeprägt die kommunale Verschuldung und die Investitionsrückstände im Bereich des früheren Regierungsbezirks Hannover und im Bereich von Weser-Ems sind. Dabei wurde festgestellt, dass die Investitionsrückstände je Einwohner in Weser-Ems 1510 Euro je Einwohner betragen, in Hannover aber bis zu 4106 Euro. Dies gilt auch mit Blick auf die Schulen – in Weser-Ems liegen die Rückstände bei 746 Euro je Einwohner, in Hannover bei 1245 Euro je Einwohner.

Zu späte Haushaltssatzungen: Der Rechnungshof hat 126 Fälle von Haushaltsbeschlüssen in Gemeinden überprüft, die Mitglieder in Samtgemeinden sind. Es ging um 34 Mitgliedsgemeinden in acht Samtgemeinden. In lediglich sieben von 126 Fällen seien die Haushaltssatzungen rechtzeitig beschlossen worden – die übrigen 119 Fälle hätten gegen das Kommunalverfassungsgesetz verstoßen. 104 von 126 überprüften Jahresabschlüssen seien verfristet gewesen. Damit hätten den Mitgliedern der Gemeinderäte, die über die neue Haushaltsplanung beschließen mussten, wichtige Informationen über die Vermögens- und Finanzlage ihrer Kommune gefehlt. „Das wiegt umso schwerer, wenn wie in diesen überprüften Gemeinden erhebliche Investitionsrückstände abgebaut werden müssen“, sagt von Klaeden.

Cybersicherheit mangelhaft: Sechs Kommunen wurden hinsichtlich ihrer Bemühungen um Cybersicherheit überprüft – Delligsen und Salzhemmendorf, Nordstemmen und die Samtgemeinden Emlichheim, Herzlake und Schüttorf. Keine der sechs Kommunen habe über eine behördenspezifische Leitlinie zur Informationssicherheit verfügt, vier Kommunen hätten nicht einmal Sicherheitsbeauftragte benannt.

Dieser Artikel erschien am 2.9.2022 in Ausgabe #152.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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