31. März 2020 · Finanzen

Die dramatischen Corona-Folgen für den Landeshaushalt

Niedersachsens Finanzminister Reinhold Hilbers (CDU) rechnet mit massiven Problemen für seinen Landeshaushalt als Folge der Corona-Krise. Im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick erklärte er, „höhere Steuerausfälle“ zu erwarten. Mitte Mai wird ein Arbeitskreis auf Bundesebene die neueste Steuerschätzung feststellen. Die Landesregierung wolle „zu gegebener Zeit“ festlegen, wie sie darauf reagiere. Dabei deutet Hilbers die Möglichkeit einer Haushaltssperre an. Dieses in Paragraph 41 der Landeshaushaltsordnung verankerte Instrument würde es dem Minister gestatten, alle oder bestimmte Ausgaben im Landesetat zu sperren und auch einen Einstellungsstopp zu verhängen. https://soundcloud.com/user-59368422/homeoffice-podcast-mit-julia-hamburg-und-jorg-bode Eine Ausnahme würde nur nach einer Genehmigung des Ministers möglich sein. „Aktuell geht es jetzt darum, alles zu tun, um gut durch die Krise zu kommen“, sagte Hilbers. Die Haushaltssperre war vor allem in den neunziger Jahren ein oft genutztes Instrument, um auf plötzlich wegbrechende Steuereinnahmen des Staates mit Ausgabekürzungen zu reagieren.

Steuerausfälle zwischen 700 Millionen und 1,3 Milliarden Euro

Die Wirtschaftsweisen haben aktuell einen Rückgang des Wirtschaftswachstums zwischen 2,8 und 5,4 Prozent in diesem Jahr vorhergesagt. Das wären, umgerechnet auf den Landeshaushalt, Ausfälle an Steuern zwischen 700 Millionen und 1,3 Milliarden Euro. Bisher hat das Land eine Summe von 1,4 Milliarden Euro im Nachtragsetat bereitgestellt, davon eine Milliarde an neuen Krediten. Das Geld soll für die Ausstattung von Kliniken für die Corona-Behandlung fließen und für Betriebe, die unter der Krise leiden und staatliche Unterstützung brauchen. Außerdem verfügt Hilbers noch über einen Jahresüberschuss aus 2019, der bei rund 1,2 Milliarden Euro liegen dürfte. Bisher war vorgesehen, einen großen Teil davon für Programme zum Klimaschutz zu verwenden. Dass das geschieht, wird zunehmend fraglich. Im Rundblick-Gespräch sagte Hilbers: „Die bisherigen Vorüberlegungen liegen vor diesem Hintergrund zunächst auf Eis.“ Nun könnten die Steuerausfälle des Landes größer sein als das, was im Jahresüberschuss aus 2019 noch dem Land zur Verfügung steht.
https://www.youtube.com/watch?v=YOcIRAda3HI
Hilbers rechnet vor, dass Firmen im großen Umfang Steuervorauszahlungen wegen der Krise stunden oder ganz einstellen könnten – 780 Millionen bei der Einkommensteuer, 440 Millionen bei der Körperschaftsteuer und 700 Millionen bei der Umsatzsteuer (wobei diese in späteren Jahren nachgeholt werden könne). Zu diesen rund 1.9 Milliarden Euro komme noch der auf 3 Milliarden Euro ausgeweitete Bürgschaftsrahmen des Landes. Wenn diese Bürgschaften fällig würden, käme dies als weitere Belastung auf den Landesetat noch oben drauf.

Investitionsprogramm aus der Konjunkturkomponente?

Die Möglichkeiten, mit denen Hilbers auf die Krise reagieren kann, sind begrenzt. Mit einer Haushaltssperre könnten Neueinstellungen oder Beförderungen im Landesdienst gesperrt werden, auch bei Lehrern. Möglich wäre auch, Investitionen aufzuschieben – etwa bei der Digitalisierung oder beim Wohnungsbau.

Ein eventuelles Investitionsprogramm wäre nicht aus der Wirkung der Konjunkturkomponente finanzierbar.


Es zeichnet sich aber ab, dass starke Kräfte in der rot-schwarzen Koalition von diesem Weg abraten. Da der Landtag so weitsichtig war, vergangenes Jahr in die Bestimmungen zur Schuldenbremse eine „Konjunkturkomponente“ einzubauen, gibt es noch eine andere Variante, die andere Länder wie Bayern nicht nutzen können: Gemessen am konjunkturellen Einbruch, der schon 2020 erheblich sein dürfte, wäre auch eine weitere Nettokreditaufnahme möglich. https://www.youtube.com/watch?v=ZFSdW79PwYQ Dies müsste der Landtag in einem weiteren Nachtragshaushaltsplan beschließen, und die Summe könnte durchaus erheblich sein, etwa eine weitere Milliarde Euro. Auf die Frage, ob ein womöglich in der Politik gefordertes Konjunkturprogramm über diese Sonderkomponente finanziert werden könnte, zeigt sich Hilbers im Gespräch mit dem Rundblick allerdings schmallippig: „Ein eventuelles Investitionsprogramm wäre nicht aus der Wirkung der Konjunkturkomponente finanzierbar.“
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #063.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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