
Wir stehen am Beginn eines Wettkampfes zwischen menschlicher und künstlicher Intelligenz. Und diesen Krieg können wir nicht gewinnen, wenn es um Rationalität oder Effizienz geht.
Anschließend stellt er dem Publikum Wissensfragen. Wie schnell ist die Internationale Raumstation ISS unterwegs? Wie viele Coffee-to-go-Becher werden jeden Morgen weggeworfen? Das Publikum kann auf der Karte einen Von-bis-Korridor eintragen. Nur elf Gäste antworten richtig, aber die Wenigen freuen sich über ihre einigermaßen korrekten Antworten. „Warum schreiben wir nicht einfach einen Korridor von ein bis sieben Billionen auf das Blatt? Nein, wir wählen einen arrogant kleinen Raum, weil wir schlau sind“, sagt der Psychologe. Oder weil wir schlau zu sein glauben, kann man an dieser Stelle im Kopf noch hinzufügen. Dieses System habe 300.000 Jahre lang gut funktioniert, schließlich waren wir alleine an der Spitze. „Damit ist jetzt brachial Schluss. Wir leben am Anfang einer Ära, in der Maschinen immer intelligenter werden.“
Aber wie passen wir uns dem System, das wir selbst gerade dabei sind zu ändern, am besten an? Können wir das überhaupt? Andere können es. Windscheid nimmt ein Urvolk in Kenia als Beispiel, das mehrere Begriffe für unterschiedliche Formen der Intelligenz nutzt. „Rico“ steht dabei für die effiziente, rationale Intelligenz. Die Worte „Luro“, „Dingo“ und „Paro“ stehen für Qualitäten wie Respekt haben, die Bereitschaft zu teilen und sich für andere einzusetzen. „Kinder, die für das Jahr 2030 fit sein wollen, müssen diese Dimensionen von Intelligenz beherrschen. Denn sie können Maschinen niemals nachmachen, das können nur Menschen.“
Aus Panik vor der künstlichen Intelligenz würden derzeit falsche Entscheidungen getroffen. „Wir versuchen den Kindern jetzt schon in der Vorschule Englisch oder besser noch Mandarin beizubringen, Studenten nehmen Ritalin, um sich auf Prüfungen vorzubereiten, Manager nehmen noch härtere Drogen. In dieser Effizienzwelt geht es immer um Optimierung. Das kann aber nicht funktionieren.“ Man müsse den Fokus der Intelligenz verschieben.
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Hannover darf keine behäbig dahingluckende Provinzstadt sein. ‚Hauptsache gemütlich‘ – da kann es nicht sein.
Und weil Schmidt aus seinen Emotionen für die Politik keinen Hehl macht, nutzte er die Veranstaltung im Schloss Herrenhausen noch für ein klares Wort in Richtung der Landeshauptstadt, die er derzeit in keiner guten Verfassung sieht. Hannover habe während der zwei Jahre andauernden Affäre des Oberbürgermeisters Stefan Schostok an Handlungsfähigkeit verloren. Der Rücktritt sei überfällig gewesen. „Es ist auch unbegreiflich, dass man seitens der Landesregierung zwei Jahre lang abgewartet hat. Bei aller parteipolitischen Solidarität: Das hat die Stadt nicht verdient“, sagte Schmidt.
Er legte den Finger in die Wunden der vergangenen Jahre: Diesel-Streit, Kulturhauptstadt-Posse, Cebit-Verlust: „Hannover darf keine behäbig dahingluckende Provinzstadt sein. ‚Hauptsache gemütlich‘ – da kann es nicht sein.“ Es fehle in der Landeshauptstadt jegliches Verständnis für das Wettbewerbsprinzip, andere Städte hätten gut lachen. In Anlehnung an den Windscheid-Vortrag im Schloss Herrenhausen wird man sich, wenn es um die Stadt Hannover geht, in Städten wie Düsseldorf oder Kiel vermutlich denken: schön dumm.