24. Feb. 2020 · Soziales

Krankenhäuser versuchen, Zeitarbeit in der Pflege einzudämmen

Die zunehmende Zeitarbeit in der Pflege ist für die Kliniken Lösung und Problem zugleich. Zum einen können die Krankenhäuser durch die Zeitarbeitskräfte immer wieder Personalengpässe ausgleichen, zum anderen bleiben sie auf den Mehrkosten sitzen, weil diese nicht von den Kassen erstattet werden. Bei den Krankenhäusern sucht man inzwischen nach Wegen, die Zeitarbeit zurückzudrängen.
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Offiziell liegt der Anteil der Zeitarbeitnehmer in der Pflege zwar lediglich zwischen einem und zwei Prozent. In einigen Bereichen dürfte der Prozentsatz aber deutlich höher sein. Gerade in der Intensivmedizin oder bei Operationen würde immer wieder Verstärkung von außen benötigt, sagen Experten. Und hier können Zeitarbeitsfirmen dann hohe Preise verlangen und machen das in der Praxis auch. Das ist ein aktuell notwendiges, aber schlechtes Geschäft für die Krankenhäuser. Für die Arbeitnehmer sind die Zeitarbeitsfirmen derweil häufig attraktiv, weil sie dort nicht nur teilweise höhere Gehälter, sondern vor allem auch verlässliche Arbeitszeiten bekommen. Dort ruft abends niemand bei ihnen an, um darum zu bitten, wegen eines Krankheitsfalls eine Schicht zu übernehmen.

In den Gesprächen mit Mitarbeitern geht es meistens erst am Ende um das Gehalt. Ganz vorne auf der Liste steht die Verlässlichkeit bei den Arbeitszeiten.


Das Klinikum Region Hannover (KRH) hat sich seit gut einem Jahr zur Aufgabe gemacht, durch eine bessere Koordination die Jobs in der Pflege attraktiver und die Arbeitszeiten verlässlicher zu gestalten, um Pflegekräfte zu überzeugen, statt für eine Zeitarbeitsfirma direkt für das KRH zu arbeiten. „In den Gesprächen mit Mitarbeitern geht es meistens erst am Ende um das Gehalt. Ganz vorne auf der Liste steht die Verlässlichkeit bei den Arbeitszeiten“, erklärt Dirk Amelung, Leiter des neuen Mobil-Teams am KRH. Das Team besteht aktuell rechnerisch aus 30 Vollzeitkräften und soll perspektiv auf insgesamt 100 anwachsen. Wer im Mobil-Team arbeitet, kann sich auf seinen Dienstplan verlassen, weiß allerdings vorher noch nicht, an welchem von acht Standorten er eingesetzt wird. Zugleich bekommen die Mitarbeiter laut Tarifvertrag bis zu 500 Euro brutto mehr. Sollte ein Mitarbeiter doch einmal im Krankheitsfall an einem Standort einspringen müssen, gibt es einen Gehaltsausgleich von 150 Prozent. Verdi-Landesleiter Detlef Ahting sprach vor anderthalb Wochen von einem Tarifvertrag, „der die Flucht in die Leiharbeit unnötig macht, und hoffentlich bei vielen Arbeitgebern Schule macht, nicht nur in Niedersachsen“.

Attraktive Angebote sollen Zeitarbeit überflüssig machen

Für die Gewerkschaft Verdi in Niedersachsen, die das Pilotprojekt zusammen mit dem KRH gestartet hat, geht es darum, die Arbeit in der Pflege so attraktiv zu gestalten, dass Zeitarbeit überflüssig wird. Denn auch wenn dort der Dienstplan teilweise verlässlicher und das Einkommen etwas höher sei, gehe das Modell immer noch mit großen Nachteilen einher. So gebe es zum Beispiel für die Mitarbeiter keiner Fortbildungen. Amelung hält das KRH-Modell für geeignet, Mitarbeiter wieder direkt für die Kliniken zu gewinnen. „Wir versuchen, ein vernünftiges Arbeitsumfeld anzubieten.“ Man schätze die Kollegen aus den Zeitarbeitsfirmen, die zum Teil auch gut ausgebildet seien. Dennoch sei es für die Krankenhäuser immer besser, eigene Fachkräfte in den Bereichen zu haben. Schließlich müssten die Zeitarbeitnehmer zum Beispiel immer zuerst an den Geräten eingewiesen werden.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #037.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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