9. Dez. 2019 · 
Wirtschaft

Kompromiss zum Outlet-Center in Soltau löst Protest in Lüneburg und Celle aus

Die Zeichen stehen eigentlich ganz gut, dass das Outlet-Center in Soltau anderthalb mal so groß wie bisher werden kann – nämlich von 10.000 auf 15.000 Quadratmeter Verkaufsfläche wachsen darf. Zwar stellt sich die Landesregierung bisher auf juristischer Ebene dagegen. Doch hinter den Kulissen wird nun über ein sogenanntes „Zielabweichungsverfahren“ diskutiert, und die beiden Landtagsfraktionen von SPD und CDU haben dafür nach Informationen des Politikjournals Rundblick bereits Rückendeckung erteilt. Damit sieht der voraussichtliche Weg so aus: Der Investor für die Erweiterung und die Stadt Soltau, die eine Verdoppelung der Fläche auf 20.000 Quadratmeter beantragt hatten, verständigen sich mit dem für Raumordnung zuständigen Agrarministerium und legen den Rechtsstreit bei. Sie begrenzen die neue Fläche dann auf 15.000 Quadratmeter. Das könnte geschehen, ohne dass zuvor das Landesraumordnungsprogramm geändert werden muss. Allerdings enthält dieser Weg noch eine Hürde: Ohne die Zustimmung der umliegenden Landkreise und der Industrie- und Handelskammer dürfte das kaum durchzusetzen sein.

Outlet-Betreiber argumentieren: Deckelung auf 10.000 Quadratmeter sei "anachronistisch"

Das Outlet-Center wurde 2012 eröffnet, im Vorfeld hatte es schon jahrelangen Streit gegeben. Eigentlich sind Einzelhandelszonen dieses Ausmaßes nur in größeren Städten erlaubt, doch damals wurde im Landesraumordnungsverfahren eine Ausnahme beschlossen – mit der Obergrenze von 10.000 Quadratmetern. Die Betreiber argumentieren heute, diese Deckelung sei anachronistisch, denn inzwischen seien in anderen Bundesländern viel größere Outlet-Center entstanden. Das Agrarministerium entschied im November 2017, den Antrag auf Erweiterung in Soltau abzulehnen. Dies geschah kurz vor dem Wechsel von Rot-Grün zu Rot-Schwarz. Dagegen zog der Betreiber vor Gericht, und das Verwaltungsgericht Lüneburg entschied vergangenen Juli, das Land müsse über die Möglichkeit einer „Zielabweichung“ neu befinden. Umgehend ging das Agrarministerium in Berufung. Im Oktober dann signalisierten die Landtagsfraktionen von SPD und CDU, dass sie einem Kompromiss nicht im Wege stehen würden. Dies soll bei der SPD nach einer nur knapp ausgegangen Abstimmung geschehen sein, in der CDU soll die Position nur vom Vorstand vorgetragen worden sein – und die Fraktion soll dem dann zustimmend gefolgt sein. Eine Sprecherin des Landwirtschaftsministeriums erklärte auf Rundblick-Anfrage: „Derzeit werden Gespräche über ein erneutes Zielabweichungsverfahren für eine Erweiterung um 5000 Quadratmeter Verkaufsfläche geführt. Das Gerichtsverfahren ist derzeit ruhend gestellt.“

Die Erweiterung in Soltau geht zu Lasten des Einzelhandels, vor allem in den Innenstädten.


Diese politische Rückendeckung für eine Ausweitung des Centers löst nun heftige Proteste aus – vor allem von den Oberbürgermeistern in Lüneburg und Celle. Lüneburgs OB Ulrich Mädge (SPD) sagte dem Rundblick: „Die Erweiterung in Soltau geht zu Lasten des Einzelhandels, vor allem in den Innenstädten. Außerdem ist es klimapolitisch Unsinn, wenn man viele Kilometer fährt, um in Soltau eine Jeans zu dem Preis zu kaufen, für den man sie auch in Lüneburg bekommt.“ Was ihn vor allem ärgere, ist die Tatsache, dass man die Abgeordneten der Region nicht ausreichend einbeziehen wolle. „In Oldenburg oder Braunschweig würde man sich das nicht trauen.“ Celles OB Jörg Nigge (CDU) meinte, eine Erweiterung in Soltau wäre „desaströs für die Innenstädte“. Man versuche mit aller Macht, die Attraktivität des städtischen Einzelhandels in Zeiten wachsender Online-Konkurrenz zu stärken – und dann komme hier ein Störmanöver. Nigge hat einen Protestbrief an Wirtschaftsminister Bernd Althusmann geschrieben und darin seine „große Sorge“ ausgedrückt.

Jubel der Befürworter könnte verfrüht sein

Allerdings ist auch der Jubel der Outlet-Befürworter verfrüht, denn gut möglich ist, dass vor ein „Zielabweichungsverfahren“ noch ein „Raumordnungsverfahren“ gesetzt wird. Das bedeutet, dass eine umfangreiche Beteiligung von Kommunen und Verbänden im Vorfeld der Entscheidung wohl ziemlich sicher sein dürfte. Es gibt sogar Hinweise, dass eine Abweichung von den Zielen der Raumordnung nur möglich ist, sofern die IHK und die benachbarten Landkreise (das sind die Region Hannover und die Kreise Lüneburg, Harburg, Verden, Celle, Nienburg und Uelzen) ihr Einvernehmen erteilt haben – also zugestimmt haben. Zumindest die IHK Lüneburg-Wolfsburg hat sich aber bereits kritisch zu der geplanten Erweiterung in Soltau geäußert.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #219.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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