Kultusministerin Julia Hamburg (Grüne) hat vor einem Monat ihre Reformvorschläge für die Arbeit der Kindergärten vorgelegt. In den „Randzeiten“, also frühmorgens und am späteren Nachmittag, sollen auch zwei Assistenzkräfte eine Kindergartengruppe leiten dürfen, es muss dann nicht unbedingt eine ausgebildete Erzieherin anwesend sein.
Außerdem soll es möglich sein, für erkrankte Kräfte Vertreter einzusetzen – und zwar nicht wie bisher nur für drei, sondern künftig für bis zu fünf Tage. Der Protest der Gewerkschaft Verdi kam postwendend. Mit einer Absenkung der Qualitätsstandards könne man das Problem der fehlenden Fachkräfte nicht lösen, teilte die Gewerkschaft mit. Doch auch die Kommunen, die seit langem „mehr Flexibilität“ verlangen, halten sich mit Applaus zurück.
Jetzt haben die drei Kommunalverbände – Niedersächsischer Städte- und Gemeindebund (NSGB), Niedersächsischer Landkreistag (NLT) und Niedersächsischer Städtetag (NST) – ihre Positionen ausführlich dargelegt. Sie fordern einen Dreiklang: mehr Geld vom Land für die Kindergartenfinanzierung, mehr Freiräume bei der Organisation der Kindertagesstätten und eine Reform der Ausbildung, damit der Beruf für junge Leute attraktiver als bisher wird.

Finanzen: Laut NLT-Präsident Sven Ambrosy fehlen den niedersächsischen Kommunen jährlich 400 Millionen Euro für die Kindergärten. Laut Vereinbarung solle das Land zwischen 58 und 59 Prozent der Personalkosten für die Kindergärten und -krippen übernehmen, de facto seien es oft weniger als die Hälfte. Die Pauschale bilde seit 2018 jede Tarifsteigerung nur um 2,5 Prozent ab, jeder darüber liegende Betrag müsse von den Kommunen selbst finanziert werden. Für Teilzeitkräfte gebe es oft gar keine Erstattung, alle Förderprogramme für Investitionen seien inzwischen ausgeschöpft oder eingestellt worden. Das Land müsse, fordern die Verbände, künftig einen Anteil der Personalkosten von 66 Prozent tragen – getreu der einst verabredeten Formel, dass Kindergärten je zu einem Drittel von Land, Kommune und Eltern finanziert werden sollen. „Nach dem Wegfall der Elternbeiträge fordern wir, dass das Land deren Anteil übernimmt. Das passiert aber nicht“, sagt NSGB-Präsident Marco Trips.
Flexibilität: Trips sagt, die neuen Vorschläge von Hamburg für die Vertretungsregeln seien „zu kompliziert“. Dass Assistenzkräfte in Randzeiten einspringen, sei richtig – aber die Forderung, dass diese sich weiterbilden lassen müssten, gehe zu weit. Man solle zwischen Kernzeiten (vier Stunden) und Randzeiten (vier Stunden) unterscheiden, in den Randzeiten sollten engagierte Kräfte aushelfen können – und für diese sollten die Anforderungen nicht überhöht werden. Der Grund dafür liegt im Personalmangel. Jan Arning, NST-Hauptgeschäftsführer, hat eine neue Umfrage vorgestellt. In den Großstädten, in denen ein Drittel der Kinder betreut werden, fehlten rund 3000 Kindergartenplätze.
Ausbildung: Die Kommunen plädieren für eine Reform der Ausbildung. Bisher ist es so, dass Sozialassistenten sich fortbilden lassen können zur Erzieherin, es geht dann um Teilzeitverträge und Bafög-Anträge. Diese Vorgaben sind nach Ansicht von Trips und Arning „viel zu kompliziert“. Der Weg anderer Länder, etwa NRW, sei besser: Dort könne man eine Ausbildung beginnen, habe vom ersten Tag an Praxis im Kindergarten und erhalte auch eine berechenbare Ausbildungsvergütung. In Osnabrück etwa gehe man schon den Weg, die angehenden Erzieher in Münster zu rekrutieren – da das dortige System einfacher und attraktiver sei als das in Niedersachsen.