18. März 2025 · 
Wissenschaft

Können Niedersachsens Hochschulen geschassten US-Forschern Hilfe anbieten?

Wie so häufig bei Donald Trump gibt es auch in diesem Fall bereits eine Anekdote, über die man lachen könnte – wenn die tatsächliche Lage nicht so ernst wäre. In einer Rede beklagte der US-Präsident kürzlich, dass acht Millionen US-Dollar eingesetzt würden, um Mäuse „transgender“ zu machen. Für Trump ein Beleg dafür, wie verrückt die „woke“ Wissenschaftslandschaft inzwischen sei. Für Trump ein Argument, weshalb die Gelder für derartige Forschungsvorhaben dringend gekürzt werden müssen. Allein: Es geht dabei überhaupt nicht um „transgender“. Das Wort, das er gelesen und falsch verstanden hat, lautet „trans-genic“, und es geht um Forschungsansätze, bei denen menschliche Gene in Mäuse eingepflanzt werden, um bestimmte Krankheiten und mögliche Therapien besser untersuchen zu können. Beispielsweise in der Forschung zu Alzheimer, Krebs und Asthma ist diese Methode zum Einsatz gekommen – zumindest bis die Trump-Administration die Gelder dafür radikal gekürzt hat. Eine regelrechte Säuberungswelle war zuletzt in den Vereinigten Staaten von Amerika zu beobachten. Insbesondere die Klima-, die Gender- und die internationale Gesundheitsforschung hat die neue Regierung in den Blick genommen. Öffentliche Gelder wurden gekürzt, Datenreihen eingestampft und Aufsätze aus dem Katalog genommen.

Sieht die Wissenschaftsfreiheit in den USA bedroht: Niedersachsens Forschungsminister Falko Mohrs. | Foto: Moritz Küstner

„Freie und unabhängige Wissenschaft ist ein Garant für unsere Demokratie. Die Maßnahmen, die gerade in den USA ergriffen werden, werte ich als Angriff auf die Wissenschaftsfreiheit. Das ist schon dramatisch und erschüttert mich sehr“, empört sich Niedersachsens Wissenschaftsminister Falko Mohrs (SPD). Wer die Freiheit der Wissenschaft einschränke, beschneide das Bemühen um Wahrheit. Dass vor allem jüngere Wissenschaftler in befristeten Beschäftigungsverhältnissen nun vor dem Nichts stünden, finde er erschreckend, teilte der SPD-Politiker auf Rundblick-Anfrage mit. „Dass Datenbanken für Infektionsforschung einfach abgeschaltet werden, kann dramatische Folgen haben.“ Doch was kann Niedersachsen ausrichten? „Als Wissenschaftsminister habe ich natürlich ein Interesse daran, die klügsten Köpfe nach Niedersachsen zu holen. Das gilt national wie international“, sagt Mohrs und verweist auf das Wissenschaftsförderprogramm „Zukunft.Niedersachsen“, mit dem das Land gemeinsam mit der Volkswagen-Stiftung die niedersächsischen Hochschulen mit 30 Millionen Euro unterstützt, um Spitzenkräfte und führende Nachwuchswissenschaftler für Niedersachsen zu gewinnen.

Georg Schütte von der Volkswagen-Stiftung warnt vor einem Brain-Drain aus den USA. | Foto: Volkswagen-Stiftung

Kann Niedersachsen nun also im großen Stil einspringen, wo die USA den Geldhahn für die Forschung zudrehen? Georg Schütte, Vorstand der Volkswagen-Stiftung, gibt sich im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick zurückhaltend. Man wolle den „Brain-Drain“ aus den USA an dieser Stelle nicht noch befördern, indem man gezielt Forscher aus den Staaten anwirbt. Er hält es da mit Joybrato Mukherjee, dem Präsidenten des Deutschen Akademischen Auslandsdienstes (DAAD), der dafür wirbt, nicht über jedes Stöckchen zu springen, das die US-Regierung einem hinhält. Es sei entscheidend, auch in diesen Zeiten die transatlantische Forschungszusammenarbeit lebendig zu halten. Das sei auch deshalb möglich, weil längst nicht alle Forschungseinrichtungen von den Kürzungen der US-Regierung gleichermaßen betroffen sind. Aufgrund der heterogenen Forschungslandschaft, die auch private und bundesstaatliche Institute kennt, hofft man auf eine gewisse Resilienz der US-Wissenschaften. Schütte wirbt derweil dafür, aus niedersächsischer Perspektive fachspezifisch zu schauen: In welchen Bereichen werden bestimmte Talente gesucht? Für Niedersachsen könnte beispielsweise ein Fokus auf der Infektionsforschung liegen, die jetzt mit geeigneten Wissenschaftlern gestärkt werden könnte. Diese müssten dabei gar nicht aus den USA kommen, erläutert Schütte, sondern aus anderen Regionen der Welt. Hiesige Forschungsstätten könnten jetzt nämlich besonders für Wissenschaftler aus Drittländern attraktiv sein, die für sich aktuell keine Perspektive mehr in den Vereinigten Staaten sehen. So müsste Niedersachsen nicht die Spitzenforscher aus den USA abwerben, könnte aber all jenen eine Zukunft anbieten, die im „Land der Freien“ momentan keine mehr sehen.

Dieser Artikel erschien in Ausgabe #053.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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