Klimagesetz: Wie die Umweltpolitiker auf die Landwirte zugehen
Von Niklas Kleinwächter
Als der Umweltausschuss des Landtages in der zurückliegenden Woche durch Kanada reiste, ging es dort um Modelle zur CO2-Bepreisung, den Umgang mit dem Wolf oder die Suche nach einem Endlager für Atommüll. Eine Einigung beim Klimagesetz stand dabei offiziell nicht auf der Tagesordnung. Doch die umweltpolitischen Sprecher von SPD und CDU hatten sich vorgenommen, auf dieser Reise nun endlich einen Kompromiss zu finden. Schließlich wurde das Gesetz bereits vor anderthalb Jahren angekündigt und von Umweltminister Olaf Lies (SPD) immer wieder beworben. Das Klimagesetz soll regeln, mit welchen Maßnahmen Niedersachsen daran mitwirkt, dass die Klimaziele aus dem Pariser Abkommen erreicht werden. Mehr als 6200 Kilometer von Hannover entfernt, irgendwo zwischen Ottawa und Toronto, haben sich die Umweltpolitiker der Großen Koalition nun offenbar auf eine gemeinsame Formulierung verständigt.
Vom Durchbruch noch weit entfernt
Die schwerwiegendste Kritik am noch nicht veröffentlichten SPD/CDU-Entwurf für das Klimagesetz kam von den Agrarpolitikern der Unionsfraktion sowie vom Landwirtschaftsministerium. An zwei entscheidenden Stellen hat man deshalb nun nachgebessert. Die erste Änderung betrifft einen Passus zu den Zielen des Klimaschutzes. Dort wurde in einem Punkt die Landwirtschaft explizit und herausgehoben genannt. Bislang stand dort: „Die Landwirtschaft hat im Rahmen der Zielsetzung nach Abs. 1 ihren Beitrag an der Erreichung des Gesamtziels bis 2050 zu leisten.“
Nach Rundblick-Informationen war besonders dem Umweltministerium an dieser Formulierung gelegen. Dort ging man davon aus, dass alle anderen Sektoren bereits durch genügend andere klimaschutzrelevante Gesetze reguliert würden. Martin Bäumer, umweltpolitischer Sprecher der CDU-Fraktion, hatte dazu bereits im April dem Politikjournal Rundblick gesagt: „Entweder nennen wir alle Sektoren oder wir nennen keinen.“ Offenbar haben sich die Umweltpolitiker von SPD und CDU nun darauf verständigt, die Liste einfach zu erweitern. Im jüngsten Vorschlag für einen Gesetzentwurf, der in der vergangenen Woche erarbeitet wurde und dem Politikjournal Rundblick vorliegt, wird der entsprechende Satz nun um die Energiewirtschaft, die Industrie, den Verkehrssektor, die Abfallwirtschaft „sowie alle anderen Sektoren“ ergänzt.
Solange sich das Konsumverhalten der Menschen hierzulande nicht ändert, ist es nach Gesichtspunkten des Klimaschutzes immer noch besser, wenn das Steak auf niedersächsischen Wiesen produziert wird statt in Argentinien.
Zwar sei man auch damit von einem wirklichen Durchbruch noch weit entfernt, heißt es aus Koalitionskreisen. Doch immerhin die Agrarpolitiker der CDU scheinen mit dieser Formulierung nun auch einverstanden zu sein. Helmut Dammann-Tamke, agrarpolitischer Sprecher der CDU, begrüßt, dass die einseitige Fokussierung auf die Landwirtschaft abgemildert wurde. „Es steht außer Zweifel, dass die Landwirtschaft einen großen Beitrag leisten kann“, sagt Dammann-Tamke im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick.
Es sei nicht so, dass die Landwirtschaft da grundsätzlich mauere. Er stelle sich aber die Frage, wie genau die Beiträge zum Klimaschutz den einzelnen Sektoren dann zugerechnet werden sollen. Wenn Landwirte beispielsweise Biogasanlagen betrieben, um Wärme und Strom herzustellen – ist das dann ein Beitrag der Landwirtschaft oder der Energiewirtschaft? Das fragt der CDU-Politiker. Gleiches gelte für Windparks, die Landwirte auf ihren Flächen errichteten.
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Die zweite Formulierung im ursprünglichen SPD/CDU-Entwurf, die bei Agrarexperten für Irritationen gesorgt hatte, betrifft landwirtschaftlich genutzte Böden. Im Vorschlag zum Klimagesetz geht es darum, Böden mit einem hohen Kohlenstoffgehalt zu erhalten und wiederherzustellen. Gemeint sind damit vorrangig Moorböden – auf denen in Niedersachsen aber häufig Milchviehwirtschaft betrieben wird. „Wiedervernässung der Moore klingt zunächst charmant“, sagt Dammann-Tamke.
Hiesige Bauern dürften aber nicht befürchten, dass ihre Flächen durch Vernässung für landwirtschaftliche Zwecke unbrauchbar gemacht werden. Die Hauptaufgabe der Landwirtschaft sei es, Lebensmittel zu erzeugen, und das sei unmöglich klimaneutral zu machen. „Solange sich das Konsumverhalten der Menschen hierzulande nicht ändert, ist es nach Gesichtspunkten des Klimaschutzes immer noch besser, wenn das Steak auf niedersächsischen Wiesen produziert wird statt in Argentinien.“ Deshalb wurde auch an dieser Stelle eine schwächere Formulierung in den Gesetzesvorschlag geschrieben.
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„Für Klimaschutz braucht es einen Konsens“, sagt CDU-Umweltpolitiker Bäumer. Deshalb könne dieses Gesetz nicht mit der Brechstange durchgebracht werden. Zumindest an die Landwirte haben sich die Umweltpolitiker nun langsam herangetastet.