3. März 2024 · 
Wirtschaft

Jede zweite Schlussabrechnung fehlt: Niedersachsen kämpft um Frist für Corona-Hilfen

Während der Corona-Pandemie haben niedersächsische Unternehmen im großen Stil von den Hilfsprogrammen des Bundes profitiert. Insgesamt 6,4 Milliarden Euro wurden in 330.000 Fällen bewilligt, berichtete der zuständige Referent Jan Tarkowski am Freitag im Wirtschaftsausschuss des Landtags. Weit über die Hälfte der Empfänger hat jedoch immer noch keine Endabrechnung vorgelegt und die Frist dafür läuft am 31. März aus. „Sollte bis zu diesem Stichtag keine Schlussabrechnung eingegangen sein, findet grundsätzlich ein Vollwiderruf statt. Das heißt: Empfänger müssen die gesamte Summe zurückerstatten“, sagte der Referent aus dem Wirtschaftsministerium und warnte vor den Folgen: „Wir sehen das Risiko, das umfassende Rückforderungen anfallen, der der niedersächsischen Wirtschaft richtig weh tun werden.“

Wer nicht rechtzeitig die Schlussabrechnung für die Corona-Hilfe einreicht, muss die Förderung vermutlich komplett zurückzahlen. | Foto: GettyImages/Imagesines

Für säumige Fördergeldempfänger beginnt nun eine Zitterpartie. „Die Schlussabrechnung war Geschäftsgrundlage, sie wurde entsprechend kommuniziert und sie ist auch unter den Regelungen des Haushaltsrechts zwingend“, erläuterte Tarkowski. Er betonte aber auch: „Die Schlussabrechnung ist nicht nur darauf gerichtet, Mittel zurückzufordern. Antragsteller können auch weitere Mittel beantragen.“ Der Förderexperte wies ebenfalls darauf hin, dass die Empfänger der Überbrückungshilfen I bis III sowie der November- und Dezemberhilfe fast zwei Jahre Zeit hatten, um die Schlussabrechnung einzureichen. Bislang lägen der N-Bank jedoch nur 42 Prozent dieser Endabrechnungen vor. Bei der Überbrückungshilfe III plus und der Überbrückungshilfe IV liege die Einreichungsquote bei 37 Prozent.

Niedersachsen will Fristverlängerung, der Bund nicht

„Niedersachsen spricht sich für eine Fristverlängerung über den 31. März hinaus aus, der Bund möchte an der bisherigen Frist festhalten“, berichtete Tarkowski. Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) habe sich bei Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) bereits persönlich dafür stark gemacht, die Frist um ein Jahr zu verlängern. Es sei auch keineswegs so, dass nur die Menschen zwischen Harz und Küste bei der Schlussabrechnung hinterherhinken. „In keinem Land liegen wir bei über 50 Prozent, das ist ein bundesweites Phänomen“, sagte Tarkowksi.

Die Zeit wird knapp: Die Einreichungsfrist für Corona-Hilfen des Bundes endet am 31. März. | Foto: Link

Trotzdem sieht er unter den Bundesländern derzeit keine Mehrheit für den niedersächsischen Vorstoß: „Mein Eindruck ist, dass der Großteil der Länder für eine Einhaltung der Frist ist – insbesondere Hamburg hat sich da hervorgetan.“ Ein Argument der Hardliner sei, dass der Vollwiderruf den bürokratischen Aufwand enorm verkleinere. Zudem pochen sie auf Rechtssicherheit.

Für die N-Bank, die für die Bearbeitung der Corona-Hilfen zahlreiche Stellen aufgebaut hat, sei der Zusatzaufwand jedoch kein Problem, versicherte Tarkowski. Anstelle einer bedingungslosen Fristverlängerung seien auch Ausnahmeregeln oder eine Fristverlängerung mit einem Säumniszuschlag von beispielsweise zehn Prozent im Gespräch. „Nachbewilligungen sollen dann ausgeschlossen sein – das halten wir aus niedersächsischer Sicht für nicht sachgerecht“, so der Ministeriumsmitarbeiter.

One-Click-Verfahren soll Prüfung schneller machen

„Ich glaube, dass man an einer Fristverlängerung nicht vorbeikommt“, bekräftigte der CDU-Landtagsabgeordnete Reinhold Hilbers. Der ehemalige Finanzminister forderte zudem, die Prüfung der durch Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Buchprüfer oder Rechtsanwälte eingereichten Schlussabrechnungen zu vereinfachen. „Wenn ich mich schon auf prüfende Dritte stütze, muss ich diesen auch Vertrauen können“, argumentierte Hilbers. Er kam auch darauf zu sprechen, dass durch die hohen Anforderungen viele Kapazitäten bei den Unternehmen, Prüfern und Beratern sowie in der Verwaltung gebunden werden.

Tarkowski versprach Besserung. Für Förderbeträge bis 25.000 Euro, die etwa 50 Prozent der Verfahren ausmachen würden, werde demnächst ein „One-Click-Verfahren“ eingeführt. Es befinde sich bereits „auf der Zielgeraden“. „Dies wird eine große Beschleunigung des gesamten Prozesses bewirken“, versprach der Behördenvertreter. Außerdem versicherte er, dass umfangreiche Prüfungen nicht die Regel, sondern die Ausnahme sind. Sie würden nur bei Nachbewilligungen, Verdachtsfällen oder zur stichprobenartigen Kontrolle durchgeführt.

Dieser Artikel erschien am 4.3.2024 in Ausgabe #041.
Christian Wilhelm Link
AutorChristian Wilhelm Link

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