

Die Erfahrungen mit 40 Jahren Sozialismus sind in den Köpfen nicht mehr präsent.
Für Knabe gibt das Gelegenheit, mit den Mythen aufzuräumen: Der Sozialismus erscheine zunächst positiv und erstrebenswert – Gleichheit, jeder nach seinen Bedürfnissen, Gerechtigkeit und Solidarität. Das sei verführerisch und verleite dazu, im Namen dieser Ideologie auch die Mittel für den Zweck zu heiligen. So war die Justiz in der DDR zur Parteilichkeit verpflichtet und alles andere als unabhängig. Die SED hielt sich mit der Stasi den größten Geheimdienst der Welt mit den meisten Mitarbeitern pro Kopf der Bevölkerung – ein „Staat im Staate“.
Wenn junge Umwelt- und Klimaschützer heute rufen, der Kapitalismus mit seiner Profitgier zerstöre den Planeten, dann müsse man doch daran erinnern, was die DDR hier vorgeführt habe: Der Kohlendioxidausstoß sei höher gewesen als der in den USA, das Waldsterben sei fünfmal ausgeprägter gewesen als in der Bundesrepublik, die Flüsse seien als Abwasserkanäle genutzt worden und jeder zweite DDR-Bürger habe keine Garantie dafür gehabt, trinkbares Wasser aus seinen Wasserhähnen zu zapfen.
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Wenn der Sozialismus als Wegbereiter für sozialen Wohnungsbau gelobt und ein Mieterhöhungsverbot gefordert werde, dann gehöre zur Wahrheit, dass in der DDR die Mieten nicht steigen durften – und die Wohnungseigentümer kein Geld bekamen, die Häuser zu erhalten. In einer Aufstellung des Zentralkomitees der SED habe er gelesen, dass der in den verfallenden Altstädten steckende Schutt auf etwa dieselbe Menge wie die der Trümmer des Zweiten Weltkriegs geschätzt wurde. „Die DDR hat sich also selbst zum zweiten Mal zerstört.“
Westdeutsche Eliten reagieren "therapeutisch"
Weil in der Diktatur die Männer an der Spitze für alles verantwortlich gemacht werden – für die Wohnungen, den Arbeitsplatz, die Umwelt und sogar für die Versorgung mit Kaffee und Zahnbürsten, hätten die Eliten des SED-Staates große Angst vor dem Volk gehabt, sich abgeschottet und die Bürger in all ihrem Tun überwacht. Knabe wird gefragt, was er von der erst vor ein paar Tagen getroffenen Entscheidung des Bundestages halte, die Behörde für die Stasi-Unterlagen aufzulösen und deren Bestände in das Bundesarchiv zu überführen. „Ich verstehe das nicht“, sagt er, „gerade zu diesem Jubiläum wickelt man eine weltweit einzigartige Organisation für die Erinnerung einfach ab.“