23. Sept. 2019 · 
Inneres

Historiker wundert sich: Warum will Hannover den Hitler-Attentäter Stauffenberg nicht ehren?

Der hannoversche Historiker Wolfgang Leonhardt streitet seit nunmehr acht Jahren dafür, an einem Haus in Hannover eine Tafel zu Ehren des Hitler-Attentäters Claus Schenk Graf von Stauffenberg anzubringen. Bisher blieb dieses Ansinnen erfolglos. Nun bekam er ein Schreiben der Stadträtin Konstanze Beckedorf, in der eine vorläufige Ablehnung begründet wird.Der Hauseigentümer sehe weder an der Fassade noch auf dem Grundstück eine Möglichkeit für die vorgesehene Hinweistafel. Er habe daher „die Zustimmung zu dem Vorhaben versagt“, heißt es ergänzend.Leonhardt wundert sich in mehrfacher Hinsicht. So gebe es erst seit ein paar Jahren die Vorgabe, dass eine solche Tafel die Größe 52 mal 78 Zentimeter haben müsse. Dies sei tatsächlich sehr groß, und man könne doch mit dem Eigentümer darüber reden, ob nicht auch ein kleineres Schild denkbar sei. Diesen Vorschlag hat Leonhardt der Stadt am 15. September noch einmal schriftlich mitgeteilt, aber bisher keine Antwort erhalten. Der Historiker verweist auf die eigene Einschätzung der Stadtverwaltung, dass der Eigentümer ja „grundsätzlich positiv“ zu dem Ansinnen stehe. So müsse doch eine Lösung möglich sein.Leonhardt findet es mehr als nur merkwürdig, dass die Stadt derart zögerlich und hinhaltend mit dem Thema umgehe. Einen Aktenordner voller Schreiben in dieser Sache habe er schon gesammelt, an den Stadtbezirksrat ebenso wie an die Verwaltung im Rathaus. Geschehen sei nichts, man höre nur hin und wieder merkwürdige Reaktionen. So heißt es in dem Brief von Beckedorf an ihn, bei einem „alternativen Standort“ müsse es zunächst „zu einer neuen historischen Betrachtung durch Historiker kommen“. Das wundert Leonhardt: „Das kann ich nur als Witz verstehen. Wozu soll eine neue historische Betrachtung nötig sein?“, sagt er gegenüber dem Politikjournal Rundblick. Auch den Bedarf eines „neuen Standorts“ sehe er nicht.

In anderen Städten werden sogar Denkmale für Stauffenberg errichtet, aber in Hannover bewegt man sich nicht. Ich finde das sonderbar.


Leonhardt hat anhand von Adressbüchern nachgewiesen, dass der spätere Hitler-Attentäter Stauffenberg in den Jahren 1935 und 1936 in dem Haus Lister Kirchweg 37 gelebt hat – zusammen mit seiner Frau und seinem damals noch sehr kleinen Sohn. Der spätere Oberst war in dieser Zeit zur Reiterausbildung in Hannover in der nahegelegenen Kavallerieschule. Das Haus, in dem er im Erdgeschoss lebte, wurde im Krieg nicht zerstört, es ist in seiner damaligen Form erhalten. „In anderen Städten werden sogar Denkmale für Stauffenberg errichtet, aber in Hannover bewegt man sich nicht. Ich finde das sonderbar“, sagt Leonhardt.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #166.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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