Weitgehend unbemerkt von der Öffentlichkeit ist zum Jahresbeginn die größte Reform des Personengesellschaftsrechts seit über 100 Jahren in Kraft getreten. Dass außerhalb der Juristen- und Unternehmerszene kaum über das MoPeG (Gesetz zur Modernisierung des Personengesellschaftsrechts) gesprochen wird, hat einen einfachen Grund: Die Zufriedenheit mit dem noch von der Großen Koalition beschlossenen Reform ist groß und das Thema für juristische Laien nur schwer zu greifen.

„Das MoPeG ist wirklich ein Mammutgesetz, das das Personengesellschaftsrecht modernisiert, entstaubt und fit macht für das moderne Wirtschaftsleben“, sagt Sebastian Jördening, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht bei der Kanzlei Appelhagen in Braunschweig. Bei einer Veranstaltung der Ingenieurkammer Niedersachsen hat der erfahrene Wirtschaftsjurist einige der wichtigsten Auswirkungen der „Jahrhundertreform“ erklärt.
Hier die Details:
Seit der Verabschiedung des Bürgerlichen Gesetzbuches (1896 ) und des Handelsgesetzbuchs (1897) wurde das deutsche Personengesellschaftsrecht meist nur punktuell nachgebessert. „Nicht nur die gesellschaftsrechtliche Praxis ist in dieser Zeit sehr weit vom Gesetz abgewichen, sondern auch die Rechtsprechung der Gerichte“, erläutert Jördening. Es war also höchste Zeit für ein umfassendes Update, das sich auf 136 Gesetze und Verordnungen auswirkt – vom BGB über Insolvenz-, Wirtschaftsprüfer- oder Düngeverordnung bis hin zum Fahrlehrergesetz.
Der Gesetzgeber hat aber nicht nur viele Versäumnisse nachgeholt, sondern auch echte Neuerungen geschaffen. „Das Ziel war es, die Personengesellschaften ein bisschen mehr auf die Höhe der Kapitalgesellschaften zu bringen“, erläutert der Rechtsanwalt. Betroffen sind vor allem die Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die offene Handelsgesellschaft (OHG) und die Kommanditgesellschaft (KG). „Die Änderungen gelten auch für alle Gesellschaften, die jetzt schon am Markt sind. Es ist eine gute Gelegenheit, um darüber nachzudenken, ob die eigene Rechtsform die passende ist“, sagt Jördening.
Die wichtigsten Änderungen betreffen die GbR, die unter den Personengesellschaften die mit großem Abstand die häufigste Rechtsform darstellt. Eine GbR besteht aus mindestens zwei Gesellschaftern und kann schnell, kostengünstig und ohne Startkapital gegründet werden. Weil es auch keine Pflicht zur Buchführung gibt, bietet sich die GbR vor allem für „unkomplizierte“ Geschäftspartnerschaften an.

„GbRs wurden gerne dazu verwendet, um in zwielichtigen Geschäftsfeldern unterwegs zu sein“, weiß Jördening. Wer Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung als heimlichen Geschäftszweck hat, ist mit einer GbR ganz gut gefahren. Banken hätten darauf mit einer allgemeinen Skepsis reagiert, die leider auch bei ganz legalen GbRs zu Problemen bei der Kreditvergabe führen konnte. „Das wird sich durch die neue eGbR ändern“, sagt der Wirtschaftsjurist aus Braunschweig. Unternehmer können ihre GbR ab sofort in ein Gesellschaftsregister eintragen lassen, was mit einem neuen Titel belohnt wird: „eingetragene Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ oder kurz „eGbR“. Eine Registerpflicht gibt es nicht.
"Der Eintrag in das Transparenzregister ist manchmal auch mit einigen Lästigkeiten verbunden“, sagt Jördening. Wer diese Mühe dennoch auf sich nimmt, wird mit einem erheblichen „Seriositätsgewinn“ sowie mit einigen anderen Vorteilen belohnt – eGbRs können verschmolzen, gespalten oder in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt werden. Außerdem kann die eGbR im Gegensatz zur GbR auch ins Ausland verlagert werden und ins Grundbuch dürfen seit 1. Januar auch nur noch eGbRs aufgenommen werden. Jördening hält das Modell daher in vielen Fällen für attraktiv. Nur eines ärgert den Rechtsanwalt: „Leider hat es der Gesetzgeber verpennt, eine Onlineregistrierung zu ermöglichen. Genauso wie beim Eintrag in das Handelsregister muss der Eintrag auch hier über den Notar laufen.“
Bei der GbR galt bisher das Prinzip, dass jeder Gesellschafter gleichermaßen am Gewinn beteiligt wurde und das Stimmrecht nach Köpfen verteilt wurde – sofern im Gesellschaftsvertrag nicht ausdrücklich etwa anderes beschlossen wurde. Wer bei einer Zwei-Personen-GbR also nur zehn Prozent des Einlagekapitals gestellt hatte, durfte trotzdem zu 50 Prozent mitbestimmen und wurde zur Hälfte am Gewinn beteiligt. „Dass das nicht fair ist, liegt auf der Hand und das hat jetzt auch der Gesetzgeber erkannt“, sagt Jördening. Künftig gilt der Grundsatz, dass sich Stimmkraft und Gewinnanteil erst einmal an den Beteiligungsverhältnissen orientieren. Andere Regelungen sind vertraglich natürlich weiterhin möglich.
Die GbR hatte bisher den ganz großen Nachteil, dass die Kündigung oder der Tod eines Gesellschafters zur Auflösung der Gesellschaft führten. „Das kann böse Überraschungen mit sich bringen, weshalb man gezwungen war, das im Gesellschaftsvertrag anders zu regeln“, erklärt Jördening. Ab sofort bleibt eine GbR grundsätzlich auch erst einmal beim Ausscheiden eines Gesellschafters bestehen. Zudem können Gesellschafter nun standardmäßig unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten zum Kalenderjahr kündigen.
Zum Ausstieg gibt es eine Abfindung, die sich nach dem Verkehrswert seines Anteils bemisst – sofern auch hier nichts anderes vereinbart wurde. „Jetzt gibt es endlich auch Rechtssicherheit darüber, wie man aus einer GbR wieder herauskommt, und nicht nur darüber, wie man eine gründet“, lobt der Experte für Vertragsrecht und ist sich sicher: „Wir werden künftig noch mehr GbRs sehen, die am Wirtschaftsleben teilnehmen.“
„Für die OHG und die KG gibt es ebenfalls gravierende Änderungen“, berichtet Jördening. So werden diese beiden Rechtsformen ebenso wie die GmbH & Co. KG erstmals auch für Freiberufler geöffnet. „Gerade die GmbH & Co. KG ist eine gern genommene Gesellschaftsform, weil sie eine Haftungsbeschränkung hat, aber auch transparent ist“, sagt der Rechtsanwalt. Allerdings steht diese Wahlmöglichkeit unter dem Vorbehalt, dass sie im einschlägigen Berufsrecht explizit erlaubt wird. „Da müssen die Landesgesetzgeber nachziehen“, betont Jördening.
Im neuen Niedersächsischen Ingenieursgesetz (NIngG) sei eine solche Erlaubnis bereits enthalten, andere Berufsgesetze werden voraussichtlich folgen. Weitere Änderungen bei offenen Handels- und Kommanditgesellschaften betreffen die Gewinn- und Verlustverteilung, die Gewinnausschüttung, das Beschlussmangelrecht und den Statuswechsel, der nun ähnlich wie bei der GbR geregelt wird. Rechtsanwalt Jördening sieht durch die MoPeG-Reformen eigentlich nur Vorteile. Sein Fazit: „Die Personengesellschaften werden deutlich attraktiver, ohne so eng reglementiert zu sein wie Kapitalgesellschaften.“