Nach dem Ende der Corona-Beschränkungen blicken die Handwerksbetriebe wieder zuversichtlicher nach vorne. „Die Geschäftslage hat sich im Vergleich zum Vorjahr insgesamt verbessert“, sagte gestern Peter Karst, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Hannover, bei der Vorstellung der Frühjahrskonjunkturumfrage. Der Zufriedenheits-Index im Kammerbezirk, der von Brinkum bei Bremen bis nach Bad Pyrmont reicht, legte im Vergleich zum Februar 2021 um 25 Punkte zu. Doch der Optimismus ist fragil. „Der Index ist noch nicht auf Vor-Corona-Niveau und liegt auch etwas unter dem langjährigen Mittel“, räumte Matthias Lankau, Abteilungsleiter für Wirtschaftspolitik, ein. Zudem würden sich die Corona-bedingten Materialengpässe weiter durch fast alle Branchen hindurchziehen.

(von links): Dietmar Rokahr, Peter Karst und Matthias Lankau. | Foto: Link
„Ob sich die positive Entwicklung forstsetze, ist aufgrund der schwer absehbaren Auswirkungen des Ukraine-Krieges kaum abzuschätzen“, sagte Karst. Klar ist nur eins: Alles wird teurer. 94 Prozent der Betriebe vermelden steigende Einkaufspreise. Zwei Drittel der Unternehmen haben daraufhin schon ihre Preise angehoben und dieser Trend setzt sich fort. Im Saldo kündigen 60 Prozent der Betriebe weitere Verteuerungen ihrer Produkte und Dienstleistungen an.

Die Betriebe im Bau- und Ausbauhandwerk vermelden Spitzenwerte bei Auftragslage und Umsatz. „Dass die Bilanz nicht noch besser ausfällt, liegt am Fachkräftemangel und an Lieferengpässen“, sagte Lankau. So klagt jeder zweite Betrieb über unbesetzte Stellen und es mangelt an immer mehr Materialien. Neben Ziegelsteinen, deren Herstellung wegen der hohen Energiepreise gedrosselt wurden, fehle es unter anderem an Zähler- und Schaltschränken. „Dinge, die bisher alltäglich waren, sind jetzt kaum mehr zu bekommen“, berichtete Lankau.
Über Personal- und Materialmangel klagen auch die Zulieferer und der Kraftfahrzeugbereich. „Das Zulieferhandwerk hat sich auf einem sehr ordentlichen Niveau stabilisiert. Das Werkstättengeschäft und der Fahrzeughandel schwächeln, weil der Nachschub von hochwertigen Gebrauchtwagen und Neuwagen stockt“, sagte Lankau. Hohe Kraftstoffpreise und die unsichere Versorgungslage bei den Kabelbäumen, die vor allem in der Ukraine gefertigt werden, dämpfen die Zukunftsaussichten. „Die Betriebe sind noch nicht über den Berg“, bestätigte auch Dietmar Rokahr, Geschäftsführer Wirtschaft.
Getrübt ist die Stimmung bei Bäckern, Fleischern und Konditoren. Das Geschäftsklima ist auf ein 5-Jahres-Tief gefallen, denn die Vorprodukte werden ebenso wie Strom und Gas immer teurer. „Die Nahrungsmittelhandwerker spüren den Preisdruck besonders stark, können die Einkaufspreise aber kaum weitergeben“, sagte Lankau und betonte: „Die Preisempfindlichkeit der Kunden nimmt zu.“ Anders als im Bauhandwerk, wo es eine große Nachfrage und angestaute Kaufkraft gibt, werde die Preisabwälzung bei Lebensmitteln immer schwieriger.
Im Dienstleistungshandwerk hat sich das Geschäftsklima im Vergleich zum Vorjahr gewaltig verbessert, er Index verdoppelte sich fast von 58 auf 109 Punkte. Noch sei die Geschäftslage zwar gehemmt, aber Auftrags- und Umsatzsteigerungen seien schon in Sichtweite. Dementsprechend sinkt auch der Bedarf an staatlicher Unterstützung: Die Überbrückungshilfen des Bundes wurden im Frühjahr 2021 von 21 Prozent der Betriebe beantragt, jetzt nur noch von 9 Prozent. Bei der Kurzarbeit sank der Wert von 35 auf 10 Prozent. Einen nicht ganz so starken Aufwärtstrend gibt es auch im Gesundheitshandwerk. „Die Nachfrage nach medizinischen Leistungen hat wieder angezogen“, berichtete Lankau zwar. Allerdings sei es hier für die Betriebe besonders schwer, die gestiegenen Kosten an die Kunden weiterzugeben. „Die Tarife der Krankenkassen sind sehr rigide und werden nur selten angepasst. Die Preisüberwälzung hat sich im Gesundheitshandwerk weiter verschlechtert“, sagte der Handwerkskammerexperte.

„Für Diepholz spielt die Bremer Nähe eine ganz entscheidende Rolle. Hameln ist von jeher eine strukturschwache Region. Deswegen ist das Ergebnis nicht außergewöhnlich“, erläutert Dieter Rokahr die regionalen Unterschiede. Der Rückgang im Kreis Schaumburg gebe zuächst keinen Anlass zur Sorge. „Dennoch beobachten wir die weitere Entwicklung“, sagt der Geschäftsführer Wirtschaft. Besonders erfreulich bewertet er den Zuwachs von 40 Indexpunkten in Hannover, zumal die Betriebe in der Landeshauptstadt vor einem Jahr die Geschäftslage noch tendenzell negativ bewertet hatten.