23. Sept. 2019 · Finanzen

Gewerbesteuer steigt an – Steuerzahlerbund und IHK Niedersachsen fordern eine Bremse

Jede zehnte Kommune in Niedersachsen hat in diesem Jahr ihre Hebesätze für die Gewerbesteuer angehoben – und damit den Unternehmen Mehrbelastungen zugemutet. Dass dies in einer Phase geschieht, in der sich die Einnahmen der Gemeinden und Kreise aus Steuern und Zuweisungen sehr gut gestalten, hat die Industrie- und Handelskammer Niedersachsen (IHKN) und den Bund der Steuerzahler (BdSt) zu Mahnungen veranlasst. „Das Land muss endlich dafür sorgen, dass die Steuerschraube nicht noch weiter anzieht“, erklärte Hendrik Schmitt, Hauptgeschäftsführer der IHKN. Der Präsident des Bundes der Steuerzahler, Bernhard Zentgraf, drängt die Kommunalpolitiker zu einer konsequenten Aufgabenkritik: „In den zurückliegenden Boom-Jahren mit stetig steigenden Steuereinnahmen haben viele Kommunen die nötige Ausgabendisziplin vermissen lassen. Nun täten sie gut daran, den Gürtel bei den konsumtiven Aufwendungen enger zu schnallen.“

Gewerbesteuerhebesatz liegt im Durchschnitt bei 403 Punkten

Die IHKN hatte die Resultate einer Umfrage unter ihren Mitgliedern präsentiert. Im vergangenen Jahr hatte die Kammer vermeldet, dass der durchschnittliche Gewerbesteuerhebesatz die Marke von 400 Punkten erstmals durchbrochen hatte. Nun heißt es, dass der Wert bei 403 Punkten liegt. Vor dem Hintergrund der nachlassenden Konjunktur sei nun mehr denn je ein Augenmaß bei den Hebesätzen gefordert. Gemeinden mit relativ hohem Hebesatz hätten es zunehmend schwer, sich im regionalen und auch im internationalen Wettbewerb zu behaupten. Kritik wird auch an der Struktur des Kommunalen Finanzausgleichs (KFA) geübt: Dieser sieht als Basis für den Anspruch auf Zuweisungen einen landesweiten Durchschnittsbetrag bei der Gewerbe- und bei der Grundsteuer vor. Das heißt, jede Gemeinde wird so behandelt, als wenn sie mindestens diesen Durchschnittssatz erhebt. Bleibt sie drunter, nutzt ihr das bei den Zuweisungen nichts – denn sie wird so behandelt, als würde sie den Durchschnittssatz erheben. Da aber jede Kommune ständig bemüht ist, mindestens den Durchschnitt zu erzielen, wirkt der Mechanismus wie eine Steuererhöhungsspirale. Im Landtag hat jetzt die FDP beantragt, die gesetzliche Grundlage zu ändern eine „Bremse“ vorzusehen. Auch Zentgraf vom BdSt meint, im Gesetz solle künftig nicht von „dem Durchschnitt“ die Rede sein, sondern ein konkreter Hebesatz benannt werden. Wenn eine Landtagsmehrheit dann etwas daran ändern wolle, müsse sie das Gesetz anpassen – was wiederum eine Hürde darstelle. In Baden-Württemberg, Bayern und Thüringen gibt es diese Regel bereits.

Nur drei Kommunen haben den Hebesatz zuletzt gesenkt

Nach den Ergebnissen der IHKN-Umfrage haben 93 Kommunen dieses Jahr ihren Gewerbesteuerhebesatz angehoben, mit 60 Punkten liegt Derental (Kreis Holzminden) an der Spitze. Nur drei Kommunen hätten ihre Hebesätze gesenkt: Damnatz (Kreis Lüchow-Dannenberg), Wangelnstedt (Kreis Holzminden) und die Stadt Wilhelmshaven. Relativ niedrig bei 300 Punkten liegt der Gewerbesteuer-Hebesatz in Bokensdorf (Kreis Gifhorn), Grethem und Hademsdorf (Heidekreis), Steinfeld (Kreis Vechta), Waake (Kreis Göttingen) und Wangelnstedt (Kreis Holzminden). Die Gemeinde Wathlingen (Kreis Celle) verlangt mit 500 Punkten den höchsten Satz, es folgen mit je 480 Punkten die Landeshauptstadt Hannover, Laatzen und Seelze aus der Region Hannover und die Gemeinde Göhrde (Kreis Lüchow-Dannenberg). Frank Hesse von der IHKN bemängelt, die Zahl der Kommunen mit einem Satz über 380 Punkten habe sich in den vergangenen Jahren mehr als verdoppelt – inzwischen treffe das auf 62 Prozent aller Kommunen zu. Relevant sei das vor allem für Personengesellschaften, da diese die Gewerbesteuer in der Regel nur bis etwa 380 Punkten auch auf die Einkommensteuer anrechnen könnten. Wie der Steuerzahlerbund rät auch die IHKN dazu, anstelle von Steuererhöhungen lieber Ausgabenkürzungen in den Haushalten der Kommunen durchzusetzen.
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Dieser Artikel erschien in Ausgabe #166.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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