Gericht kippt die „Landeskinderregelung“
Das niedersächsische Oberverwaltungsgericht hat die Regelung des Bundeslandes, den Tourismus nach dem Corona-Lockdown zunächst nur für eigene Einwohner zu öffnen, außer Vollzug gesetzt.
Ab sofort können damit Touristen von überall her sich für einen Urlaub in Niedersachsen einquartieren, entschied das Gericht in einem Eilbeschluss am Dienstag. Die Landesregierung erklärte, man werde den Gerichtsentscheid respektieren und die Regelung aus der nächsten Corona-Verordnung streichen.
Wenige Tage vor dem langen Pfingstwochenende kann die Tourismusbranche, die gegen die Beschränkung protestiert hatte, auf zusätzliche Gäste hoffen. Vor allem aus Nordrhein-Westfalen reisen über Pfingsten traditionell viele Gäste an die niedersächsische Nordseeküste.
„Wir wünschen allen Gästen in Niedersachsen gute Erholung, bitten Sie aber weiterhin herzlich darum, sich und andere zu schützen und die geltenden Vorgaben zu beachten“, erklärte das Gesundheitsministerium in Hannover. Nötig sei ein Schnelltest bei der Anreise und danach zweimal pro Woche.
Gericht bezweifelt Nutzen der Regelung
Wie das Gericht entschied, trägt das bloße Verbot der Beherbergung auswärtiger Besucher nur wenig zur Eindämmung der Corona-Infektionslage bei. Tagestouristen aus anderen Ländern hätten auch vorher schon nach Niedersachsen kommen können, argumentierte das Gericht.
Es sei zweifelhaft, ob die sogenannte Landeskinderregelung angesichts des beschränkten Nutzens erforderlich sei. Die Kapazitätsbegrenzung für Hotels und Quartiere sowie umfangreiche Testpflichten für Gäste stellten ein milderes, aber ähnlich effektives Mittel zur Begrenzung neuer Infektionen dar.
Außerdem führe das Verbot zu einer Ungleichbehandlung von Niedersachsen und Menschen aus anderen Bundesländern, die nicht gerechtfertigt sei. Denn einerseits dürften Gäste aus niedersächsischen Regionen mit einer hohen Inzidenz zu einem Urlaub anreisen, während dies Menschen aus Bundesländern mit geringer Inzidenz wie Hamburg oder Schleswig-Holstein verboten sei.
Geklagt hatte ein Urlauber aus Nordrhein-Westfalen, der ab dem 22. Mai eine Ferienwohnung auf der Nordseeinsel Borkum gebucht hatte. Er hatte vorgebracht, dass die Öffnung des Tourismus zunächst nur für Einwohner Niedersachsens eine Ungleichbehandlung darstelle. Außerdem sei sie keine notwendige Infektionsschutzmaßnahme.
„Wir hoffen, dass alle Beteiligten weiterhin vorsichtig sind und die Inzidenzen nicht ansteigen, sondern weiter sinken – denn ein zentrales Ziel der Landesregierung war und ist die Hauptsaison im Sommer nicht zu gefährden – für die Gäste und für die Tourismuswirtschaft“, erklärte das Gesundheitsministerium. Kontaktbeschränkungen sowie Abstands- und Hygieneregeln sollten weiter eingehalten werden.
Beim Dehoga ist man „überglücklich“
Beim Deutschen Hotel- und Gaststättenverband in Niedersachsen (Dehoga) zeigte man sich „überglücklich“. Der Beschluss lasse die Hoffnung aufkeimen, jetzt noch einen Teil des verloren geglaubten Pfingstgeschäftes zurückholen zu können, sagte Verbands-Präsident Detlef Schröder in Hannover.
Zuvor hätten viele Gäste insbesondere aus Nordrhein-Westfalen enttäuscht ihre zu Pfingsten gebuchten Übernachtungen stornieren müssen. Die niedersächsische Hotellerie werde jetzt versuchen, diese enttäuschten Gäste über Pfingsten zurückzuholen. (mit dpa)