28. Sept. 2023 · 
Inneres

Flüchtlingszahlen steigen, Innenministerium verspricht frühe Information an Gemeinden

Die Zuwanderung nach Niedersachsen hält an. Wie Susanne Graf, die Leiterin der Migrationsabteilung im Innenministerium, am Donnerstag im Landtags-Innenausschuss erläuterte, sind von Mittwoch auf Donnerstag 229 neue Asylbewerber nach Niedersachsen gekommen. Sie werden zunächst in die Erstaufnahmelager des Landes einquartiert, wo die Namen erfasst und die wesentlichen Daten festgehalten werden. Es ist dann jeweils unterschiedlich, wie lange die Asylbewerber dort bleiben, ehe sie an die Kommunen weitergeleitet werden.

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Innenministerin Daniela Behrens (SPD) hatte aber wiederholt angekündigt, dass eine frühere Verteilung auf die Kommunen unvermeidbar ist. Denn die Kapazitäten der Landesaufnahmebehörde (Lab NI) seien begrenzt. In den Aufnahmestellen der Lab NI, also vor allem Bramsche, Braunschweig, Oldenburg, Osnabrück, Lüneburg, Celle und Friedland, hat das Land 10.018 Plätze. Rund 5000 Plätze sind weggefallen, da das Land derzeit zwei Hallen der Hannover-Messe nicht mehr für die Unterbringung nutzen kann. Außerdem besteht die Bundeswehr darauf, die Unterkünfte in Fallingbostel-Oerbke wieder selbst nutzen zu können. Als Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius noch Innenminister in Niedersachsen war, hatte er sich bemüht, die Flüchtlingsunterbringung dort zu verlängern.

„Wir suchen händeringend neue Unterkünfte.“

Nach Auskunft von Graf geht das Innenministerium in Hannover inzwischen von wöchentlich 1500 Zuwanderern aus. „Das ist ganz anders als im Juli und August, als wir wöchentliche Zahlen im mittleren dreistelligen Bereich hatten“, sagte sie. Das Innenministerium suche nun händeringend nach neuen Unterkünften, gern auch kleineren. Gespräche würden derzeit geführt in Bezug auf etwa 150 verschiedene Objekte. Dazu gehörten auch ungenutzte Hotels oder Wohnheime. Alle Angebote von Kommunen und Bürgern würden geprüft, zur Begutachtung werde das staatliche Baumanagement hinzugezogen. Mehrere winterfeste Zelte, die jeweils rund 300 bis 500 Plätze bieten, würden vom Land angeschafft. Auf Nachfrage von Sebastian Zinke (SPD) sagte Graf, das Innenministerium habe beim Verteidigungsministerium angefragt, ob einige der winterfesten Zelte im bisherigen Lager Fallingbostel-Oerbke aufgestellt werden können. Eine Antwort liege noch nicht vor.

„Wir suchen händeringend neue Unterkünfte“, betonte Graf. Im Dezember könne dann auch das Messegelände in Hannover wieder genutzt werden. Überlegt werde, ob man künftig mehr als zwei Hallen belegen sollte. Wie es heißt, sind allerdings die Mieten für diese Hallen sehr hoch. In Celle-Scheuen wird geplant, ein Aufnahmelager mit etwa 500 Plätzen zu schaffen. Auf Nachfrage von Alexander Wille (CDU) sagte Graf, dass die Hallen sich im Bau befänden, in den nächsten ein bis zwei Monaten dürfte das Vorhaben aber noch nicht fertiggestellt sein. Viele Zuwanderer, die derzeit nach Niedersachsen kommen, stammen aus Syrien, der Türkei, Kolumbien und Afghanistan.



Zu einem kleinen Disput kam es im Innenausschuss in Bezug auf die Stadt Bad Sachsa im Harz. In einer ehemaligen Kurklinik könnte dort eine Landesaufnahmestelle mit 300 oder gar 500 Plätzen entstehen. André Bock (CDU) appellierte an das Innenministerium, die betroffenen Kommunen in solchen Fällen frühzeitig einzubinden und Überraschungen zu vermeiden. „Am Ende kann sonst Wut und Ärger entstehen.“ Derartige Klagen höre er aus Bad Sachsa, dort spüre man „Unmut“. Graf und der SPD-Abgeordnete Alexander Saade widersprachen. Der Bürgermeister von Bad Sachsa sei tatsächlich vorab informiert worden, nämlich 24 Stunden vor den ersten Presseberichten. Seine eigene, in der Lokalpresse überlieferte Aussage stimme also nicht.

Graf betonte aber auch, dass sie erst dann die Kommunen informieren könne, wenn sich der Plan für eine neue Unterkunft konkret abzeichne und sicher sei. Eine zu frühe Unterrichtung empfehle sich nicht, da häufig vor Vertragsabschluss noch Probleme entstehen können und die Konzeption sich zerschlage. Nadja Weippert (Grüne) richtete die Aufforderung an alle Landes- und Kommunalpolitiker, in dieser „schwierigen Lage“ selbst dafür zu sorgen, dass vor Ort Verständnis für die Notwendigkeit solcher Unterbringungen entstehe. „Das können wir nicht allein der Verwaltung überlassen“, sagte sie. (kw)

Dieser Artikel erschien am 29.9.2023 in Ausgabe #169.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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