Feuerwehren warten monatelang auf einen Ausbildungsplatz
Jahrelang hat sich der Ausbildungsstau bei den Feuerwehren schon abgezeichnet, war durch die Corona-Pandemie sogar noch verstärkt worden. Einsatzkräfte müssen teilweise monatelang auf einen Platz warten, viele Feuerwehren bilden bereits selbst aus und Weiterbildungen sind bis auf Weiteres gestrichen. Jetzt arbeitet man im Innenministerium an einer Lösung. Zu spät?
„Der ehemalige Innenminister hat das Problem bereits liegen lassen, obwohl wir als damaliger Koalitionspartner auf die dramatische Lage bei der Ausbildung der Feuerwehren hingewiesen hatten, zuletzt im Sommer 2022“, sagt André Bock, innenpolitischer Sprecher der CDU-Landtagsfraktion. Erst durch eine erneute Anfrage der CDU im Februar sei das Thema wieder stärker in den Fokus gerückt. „Die neue Ministerin Daniela Behrens musste hier einräumen, dass im vergangenen Jahr nur 47 Prozent des Ausbildungsbedarfs abgedeckt werden konnte. Das ist nicht nur desaströs, es ist angesichts der langen Wartelisten skandalös“, ärgert sich Bock, der selbst seit 32 Jahren Mitglied der Freiwilligen Feuerwehr in Winsen (Luhe) ist.
Das Niedersächsische Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz (NLBK) bildet in Celle und Loy Feuerwehrkräfte aus und bietet Weiterbildungen an. „Hier hat sich insbesondere aufgrund der Beschränkungen durch die Corona-Pandemie in den vergangenen Jahren ein Stau bei den Lehrkräften entwickelt“, heißt es dazu aus dem Innenministerium. Gleichzeitig sei der Ausbildungsbedarf gestiegen, „sodass die aktuellen Kapazitäten vor dem Hintergrund der bestehenden Anforderungen nicht ausreichend sind“. Die rot-grüne Koalition habe das erkannt und im Koalitionsvertrag Abhilfe versprochen.
Stadtbrandmeister Maik Gödeke aus Bad Pyrmont hofft, dass seine Kameraden bald wieder schneller an einen der begehrten Ausbildungsplätze kommen. Diese müssen beim Landkreis Hameln-Pyrmont beantragt werden. Ein Verteilschlüssel legt danach fest, wie viele Kräfte aus welchen Kreisen zum Zuge kommen können. „Nur mal als Beispiel: Wenn wir 35 Plätze von 60 beantragten Plätzen kriegen würden, wäre das schon echt gut. In der Regel gibt es eine ein- bis zweijährige Wartezeit“, erklärt Gödeke. Für Truppführer-Lehrgänge werden die Feuerwehrkräfte aus Bad Pyrmont schon nicht mehr zum NLBK geschickt, sondern direkt auf Kreisebene ausgebildet. Kein unübliches Vorgehen, sagt der Vizepräsident des Landesfeuerwehrverbandes (LFV), Klaus-Peter Grote.
Seit ein paar Jahren bekommen die Landkreise Geld vom Land, die einen Teil der Ausbildung in Eigenregie übernehmen. Rund 26 Regionen von 56 würden das bereits machen, berichtet Grote. Darauf möchte das Ministerium nun aufbauen. Es würden Gespräche mit dem LFV und kommunalen Spitzenverbänden geführt, „ob und inwieweit einzelne Lehrgänge aus dem Angebot des NLBK entnommen und anderweitig angeboten werden können.“ Bock hält wenig von dieser Idee. „Das Land ist hier in direkter Verantwortung. Wenn eine Verlagerung stattfindet, dann muss das Land in jedem Fall die Kosten tragen, denn wer die Musik bestellt, der muss sie auch zahlen.“
„Die Probleme sind aber vom Innenministerium erkannt worden und ich hoffe, dass sich die Lage wieder entspannen wird.“
Klaus Grote, Vizepräsident des Landesfeuerwehrverbands
Schon jetzt zeichnet sich eine weitere mögliche Hürde ab: Es müssen auch genügend Ausbilder in den Landkreisen zur Verfügung stehen, die teilweise neben ihrer ehrenamtlichen Tätigkeit in der Feuerwehr noch Kapazitäten haben müssten oder dann ganz in den Ausbildungsbereich wechseln. Attraktive Stellenangebote für die Ausbilder sind dabei wichtig. Während die Mitgliederzahlen bei der Feuerwehr recht stabil sind, ist man dennoch ebenfalls vom Fachkräftemangel betroffen. „Es steht und fällt mit dem Personal, den Lehrstellen und dem Platzangebot“, sagt Grote, der in dem Zusammenhang unter anderem auf nötige Sanierungen beim NLBK-Standort Celle verweist. „Die Probleme sind aber vom Innenministerium erkannt worden und ich hoffe, dass sich die Lage wieder entspannen wird.“
Auch das digitale Lehrangebot soll weiter ausgeweitet werden, um kurzfristig Abhilfe zu schaffen. „Der digitale Bereich muss erweitert werden“, betont auch der LFV-Vizepräsident. Rein digital könne aber nicht ausgebildet werden, dafür sei die Notwendigkeit von Praxis zu groß. „So eine Ausbildung ist natürlich auch schöner vor Ort. Das macht das Ganze ja auch aus“, weiß Gödeke aus Erfahrung. Bock geht mit seiner Kritik sogar noch ein Stück weiter: „Eine Ausweitung von digitalen Angeboten kann die Bedarfslücke von mehr als 50 Prozent sicherlich nicht schließen, ist ein Rückschritt und geht an den Bedarfen der Feuerwehren vorbei.“
Wirbel um Feuerwache in Bad Pyrmont
Die Feuerwehrwachen im Zentrum Bad Pyrmonts und im Ortsteil Holzhausen sollen zusammengelegt werden und ein gemeinsames Feuerwehrhaus bekommen – dieser Plan ist jetzt zwölf Jahre alt. Gebaut wurde bisher immer noch nichts. „Wenn man erwachsene Feuerwehrleute sieht, die Tränen in den Augen haben, weil ein Teil der Politik so ein Spiel treibt, da fehlen einem die Worte“, sagt Stadtbrandmeister Gödeke. Eigentlich steht der Standort am Gondelteich, im Herzen der Stadt auf einem Teil eines großen Parkplatzes, seit einiger Zeit fest. „Der Standort ist allerdings nicht unumstritten. Es gibt Widerstände bis zum heutigen Tag aus der Kommunalpolitik und der Bevölkerung. Bisher hat sich aber immer eine politische Mehrheit für den Standort am Gondelteich gefunden“, erklärt Bürgermeister Klaus Blome, der seit 2014 im Amt ist.
Vor eineinhalb Jahren kam es dann zum Eklat. Als im zuständigen Ausschuss entschieden wurde, dass man nach einem neuen Standort suchen wolle, quittierten noch in der Sitzung mehr als 40 Feuerwehrleute ihren Dienst. Seitdem ist der Standort am Gondelteich wieder gesetzt, die Feuerwehrkräfte sind in den Dienst zurückgekehrt. „So weit wie jetzt waren wir bei den Planungen noch nie“, sagt Gödeke.
Aktuell sei man im Bieterverfahren und suche jemanden, der das Gebäude errichten möchte, heißt es dazu von der Gemeinde Bad Pyrmont. Sogar auf eine neue Kostenobergrenze hat man sich in der Politik geeinigt. Doch die hat es in sich. Statt ursprünglich geplanten sieben Millionen Euro, würden die Kosten angesichts von Inflation und gestiegenen Baupreisen nun auf rund 14 Millionen geschätzt, die Obergrenze liegt bei 15 Millionen. „Das sind alles Steuergelder“, ärgert sich Gödeke. Sein Wunsch als normaler Bürger und Steuerzahler: „Es müsste ein Kontrollgremium geben, dass bei solchen Angelegenheiten der Kommunalpolitik auf die Finger klopft. Die Sicherheit der Stadt muss vorgehen.“
Dieser Artikel erschien am 20.03.2023 in der Ausgabe #051.
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