20. Sept. 2021 · 
Inneres

Feuerwehren in Niedersachsen erleben 2020 einen Zuwachs

Viele Treffen wurden abgesagt, das gesellige Zusammensein konnte vielerorts nicht stattfinden. Oder, wenn man es nicht zu streng nahm, wurden die Treffen mit Abstandsmahnung ins Freie verlegt. Die niedersächsischen Feuerwehren, Inbegriff sowohl von Brandschutz wie von dörflicher Gemeinschaft, hatten seit Frühjahr 2020 keine leichte Zeit. Trotzdem konnte der für die Feuerwehren zuständige Innenminister Boris Pistorius (SPD) am Montag eine erfreuliche Nachricht verkünden: 2020 stiegen die Mitgliederzahlen der Freiwilligen Feuerwehren in Niedersachsen um 2111 Personen auf insgesamt 128.707 Personen. Damit setzt sich ein positiver Trend fort, der schon seit Jahren zu beobachten ist. Im Jahr 2013 hatte Niedersachsen noch gut 125.000 Feuerwehrleute. Die Corona-Pandemie hat die Aufwärtsentwicklung nicht stoppen können, trotz der Kontaktbeschränkungen, die auferlegt werden mussten. Pistorius und Landesbranddirektor Jörg Schallhorn sehen mehrere Gründe für diese zufriedenstellenden Zahlen. Erstens ist der Übergang von der Kinder- und Jugendfeuerwehr zur Freiwilligen Feuerwehr, der seit Jahren in der Feuerwehrorganisation vorgekennzeichnet ist, auch in der Zeit der Pandemie weiter geebnet worden. Das spricht auch dafür, dass die gute und beständige Kontaktpflege, die gute Jugendarbeit ausmacht, offenbar vielerorts funktioniert hat. Eine Hälfte der Neuzugänge seien jedoch, wie Schallhorn hervorhebt, sogenannte „Quereinsteiger“ – Leute, die vielleicht schon jenseits der 30 sind, bisher aber mit der Feuerwehr wenig zu tun hatten und nun doch in die Gemeinschaft finden. Manche von ihnen sind offenbar auch getrieben von dem Wunsch, in einer schwierigen Zeit einen Dienst für die Gemeinschaft leisten zu wollen. Bei anderen mag es die Rückbesinnung auf den engeren Heimatraum sein.

Eingeschränkt werden mussten die Lehrangebote für Feuerwehrleute, die vor allem dann wichtig sind, wenn Mitglieder in Führungs- und Leitungsfunktionen kommen, beispielsweise als Ortsbrandmeister. Wie Pistorius erklärte, war die Neuorganisation des Katastrophenschutzes mit dem neuen Landesamt für Brand- und Katastrophenschutz zunächst von der Absicht begleitet gewesen, die Lehrgangsangebote auszuweiten. Weitere Plätze in der Akademie seien dafür auch geschaffen worden – doch die Kontaktbeschränkungen zwangen dann zur Kürzung und Verschiebung von Lehrgängen. Schallhorn berichtet, es seien 2020 insgesamt 75.000 Lehrgangsteilnehmer-Tage geplant gewesen, nur die Hälfte habe man aber schaffen können. Anstelle einer engen Verzahnung von Theorie und Praxis habe man den theoretischen Teil vorgezogen und beginne jetzt, angesichts weiter möglicher Lockerungen bei Treffen in Räumlichkeiten, mit der Nachholung der praktischen Teile.

Im Feuerwehrbericht gibt es allerdings auch einige nicht so positive Botschaften. So stagniert zum einen die Zahl der Mitglieder in den Kinder- und Jugendfeuerwehren, 2020 nahm ihre Zahl um 1004 auf 43.807 ab. Somit erlebe die Feuerwehr hier das, was viele Sportvereine auch spürten, nämlich einen Rückgang wegen der Pandemie. Es mussten auch einige Ortsfeuerwehren aufgeben oder mit benachbarten fusionieren, landesweit gibt es derzeit 3219 Ortswehren. Die Zahl der Einsätze der Feuerwehren sind um 9 Prozent gesunken – was aus Sicht von Pistorius und Schallhorn wohl zum einen an der Rauchmelderpflicht in Gebäuden liegt, zum anderen auch am verstärkten Homeoffice. „Wenn man zuhause ist, bemerkt man Brandquellen schneller und kann frühzeitig einschreiten“, sagt Pistorius. Bei den „böswilligen Alarmen“ jedoch gab es einen Anstieg um 70 Prozent – um 285 Fälle auf insgesamt 687 im Jahr 2020. Pistorius vermutet, dass manche Leute Langeweile verspürt hätten und mit ihrem Vorgehen dann Leben, Gesundheit und Eigentum anderer gefährden würden. Wenn man die Feuerwehr zu Einsätzen rufe, obwohl keine Gefahr vorliegt, könnten die Sicherheitskräfte nicht gleichzeitig woanders Gefahren abwehren. Wer so handele, begehe kein Kavaliersdelikt, sondern nehme ernsthafte Folgen für andere in Kauf und werde dafür auch zur Verantwortung gezogen, betont der Minister.

Dieser Artikel erschien in Ausgabe #165.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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