Die beiden FDP-Politiker Marco Genthe und Alexander Grafe haben einen Einspruch gegen das Ergebnis der Landtagswahl eingelegt – und diesen innerhalb der notwendigen Frist bei der Landtagsverwaltung eingereicht. Der Rechtsanwalt Genthe aus Weyhe (Kreis Diepholz) war in der vorherigen Wahlperiode Mitglied des Landtags, Grafe war Mitarbeiter der Landtagsfraktion. Im Gespräch mit dem Politikjournal Rundblick sagte Genthe, die Abläufe vor der Aufstellung der AfD-Landesliste im vergangenen Juli seien mehr als merkwürdig gewesen.

FDP-Politiker Marco Genthe | Foto: FDP Nds

Er stützt sich dabei vor allem auf öffentliche Aussagen des früheren AfD-Landtagsabgeordneten Christopher Emden aus dem Kreis Verden. Dieser hatte im Herbst behauptet, der AfD-Vize-Landesvorsitzende Ansgar Schledde aus Schüttorf (Kreis Grafschaft Bentheim) habe über eine „schwarze Kasse“ verfügen können. Diese habe sich gespeist unter anderem aus Beiträgen von Kandidaten, die einen sicheren Platz auf der Landesliste angestrebt hatten. Insofern seien aussichtsreiche Listenplätze „verkauft“ worden – und Schledde sei derjenige gewesen, über den diese Aktion gelaufen sei. Emden hatte berichtet, auch ihm sei angeboten worden, für 4000 Euro eine erfolgversprechende Position im  Landtagswahlkampf bekommen zu können.

Staatsanwaltschaft Hannover hat Ermittlungen eingestellt

Diese Vorwürfe sind seit Monaten im Raum, die Staatsanwaltschaft Hannover hatte daraufhin im Oktober Ermittlungen wegen des Verdachts der Untreue aufgenommen. Diese waren nun vor wenigen Tagen eingestellt worden, weil sich die Behauptungen von Emden nicht hätten nachweisen lassen. Wie Genthe gegenüber dem Politikjournal Rundblick erläutert, sei das auch nicht verwunderlich – denn der Untreue-Verdacht beziehe sich darauf, dass der Beschuldigte sich womöglich fremdes Vermögen angeeignet habe, es also unterschlagen haben soll. Da es bei der angeblichen „Kriegskasse“ aber um ein Konto mit dem Kontoinhaber Schledde gehe, ziele der Vorwurf der Untreue ins Leere.

Tatsächlich aber, so meint Genthe weiter, sei die Konstellation mehr als problematisch. Nach den schon vor Wochen breit berichteten Vorwürfen von Emden habe es eine „Nebenkasse“ gegeben, die neben den offiziellen Parteikonten geführt worden sei und aus der parteipolitische Aktionen finanziert worden seien. Eingezahlt hätten angeblich jene, die eine gute Platzierung auf der Liste hätten haben wollen – und bei der Auszahlung stehe die Erklärung von Emden im Raum, es seien zu den AfD-Parteitagen, die als Mitglieder-Vollversammlungen liefen, Busse organisiert und Zuschüsse an die Teilnehmer gegeben worden, ein sogenanntes „Handgeld“.

Diese Kritikpunkte spielten schon eine Rolle, als im August die AfD-Landesliste von der Landeswahlleiterin Ulrike Sachs überprüft worden war. Sachs war auch mit anonymen Hinweisen konfrontiert worden, bestimmte Kreisverbände seien wegen fragwürdiger AfD-Satzungsregeln von der AfD-Aufstellungsversammlung ausgeschlossen worden. Die Landeswahlleiterin billigte die Landesliste trotzdem, da solche Satzungsfragen der internen Willensbildung der AfD vorbehalten und für die korrekte Einhaltung des Wahlrechts nicht relevant seien. 

AfD-Chef Rinck: Genthe stützt sich auf „Lügen-Storys“

Wie Genthe erklärte, setzt er jetzt auf die Wahlprüfung im Landtag. Binnen der notwendigen Frist – einen Monat nach der offiziellen Veröffentlichung des Landtagswahl-Endergebnisses im Ministerialblatt am 16. November – reichten er und Grafe ihren Einspruch ein. Nun muss sich der neugebildete Wahlprüfungsausschuss des Landtags damit befassen. Er könne dann auch Emden als Zeugen vernehmen, die über die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen vorliegenden Akten anfordern oder auch weitere Zeugen befragen.



Falls der Antrag von Genthe, die Landtagswahl für ungültig zu erklären, am Ende vom Landtag nicht beschlossen werden sollte, kann der Staatsgerichtshof angerufen und um eine rechtliche Prüfung gebeten werden. Dabei hofft der FDP-Politiker auch, Licht ins Dickicht jener Vorwürfe zu bringen, die seit Jahren gegen Schledde erhoben werden: Er habe ein Netzwerk gebildet, organisiere Mehrheiten in der Partei und führe aus der zweiten Reihe Regie bei wichtigen Entscheidungen der AfD.

Unterdessen hat der AfD-Landesvorsitzende Frank Rinck erklärt, Genthe stütze sich auf „Lügen-Storys“, denn „die Anschuldigungen des vermeintlichen Kronzeugen, des rachsüchtigen Ex-AfDlers Christopher Emden, sind erwiesenermaßen haltlos und erfunden“.