Als eine ihrer letzten wegweisenden Taten will die Große Koalition in der kommenden Woche im Landtagsplenum das 2020 beschlossene Klimaschutzgesetz nachbessern – und damit erheblich verschärfen. Den Auslöser dafür hatte ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts zu den bundesweiten Regeln gegeben. Die wesentlichen Änderungen im Landesgesetz betreffen die Verkürzung mehrerer Fristen, in denen Klimaneutralität erreicht werden soll.
Außerdem wird eine Solaranlagenpflicht für Neubauten eingeführt: Überall dort, wo die Bruttodachfläche mehr als 50 Quadratmeter beträgt, soll mindestens die Hälfte des Daches mit Photovoltaik-Anlagen ausgestattet werden. Bei Wintergärten und Gewächshäusern gelten Ausnahmen.

Die Kommunalverbände haben eine erneute Anhörung im Umweltausschuss des Landtags am Montag genutzt, um Bedenken anzumelden. „Wir haben Sorge, dass die Steuerung des Aufbaus von Photovoltaik (PV) nicht gelingen kann“, sagte Jan Arning, Hauptgeschäftsführer des Niedersächsischen Städtetages (NST), für die Arbeitsgemeinschaft der Kommunalverbände.
Es gebe einen „großen Druck“ von Investoren, die Agrarflächen kaufen wollten und die Preise dort in die Höhe treiben. Sie wollten dort PV-Anlagen bauen, was aber den Druck auf die Agrarwirtschaft noch verstärke und die Anbaufläche eingrenze. „Dann sollte man doch lieber den Schritt wählen und auch bei der Sanierung von Hausdächern eine Pflicht zum Bau von Solaranlagen vorsehen“, betont Arning.
Die Große Koalition hat allerdings nicht die Absicht, diesen Weg zu gehen. In der Schlussberatung des Gesetzentwurfes nahm im Umweltausschuss noch einmal der Gesetzgebungs- und Beratungsdienst (GBD) des Landtags Stellung. SPD und CDU planen in ihrer Novelle, die kommende Woche beschlossen wird, folgende Neuregelungen: Bis zum Jahr 2030 sollen 65 Prozent der CO2-Emissionen verringert werden, nicht wie bisher vorgesehen 55 Prozent. Bis 2040 sollen es dann 86 Prozent sein. Niedersachsen soll im Jahr 2045 „treibhausgasneutral“ sein, nicht wie bisher im Gesetz vorgeschrieben 2050. In der Landesverwaltung soll der jährliche CO2-Ausstoß bis 2030 um 80 Prozent vermindert werden, nicht wie bisher vorgeschrieben um 70 Prozent.
An Land sollen 30 Gigawatt Windenergie und 65 Gigawatt PV installiert werden – davon 50 Gigawatt PV auf bereits versiegelten Flächen. Dies gilt als Ziel, dem sich die Landesverwaltung verpflichten soll. Im nächsten Landesraumordnungsprogramm, das bis Ende Juni 2026 beschlossen werden soll, sollen zwei Ziele neu definiert und Areale reserviert werden – 2,1 Prozent der Landesfläche für Windkraft und 0,47 Prozent der Landesfläche für PV auf freien Flächen, also etwa in der freien Natur.
Das aktuelle Landesraumordnungsprogramm, das derzeit in der Endabstimmung ist, sieht diesen Weg noch nicht vor. Neue Parkflächen für Autos müssen laut Gesetzentwurf überdacht und mit PV-Anlagen ausgestattet werden, wenn sie mehr als 50 Einstellplätze haben. Klare Vorgaben enthält das geplante Gesetz auch für Landesgebäude: Sie müssen bis 2025, also in drei Jahren, zu 30 Prozent mit PV-Anlagen ausgestattet sein, bis zum Jahr 2040 dann zu 100 Prozent. Bis 2030 sollen alle durch die Landesverwaltung genutzten Fahrzeuge „auf saubere Antriebe umgestellt“ sein.
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Die Kommunalverbände haben eine Generalkritik an diesen Plänen der Großen Koalition vorgetragen. Es nütze wenig, immer ambitioniertere Ziele zu formulieren, ohne die Wege dahin zu beschreiben, sagte NST-Hauptgeschäftsführer Arning. Zwar sei die Pflicht aller Kommunen, Klimaschutzkonzepte vorzulegen, auf Anfang 2025 geschoben worden – also anderthalb Jahre später als zunächst geplant. Da aber solche Aufgaben Vorarbeiten erforderten, fielen bei den Kommunen jetzt schon Kosten an – und diese müssten wegen des in der Landesverfassung verankerten Grundsatzes der Konnexität erstattet werden, was bisher nicht vorgesehen sei.
Auch eine Änderung im Denkmalschutzrecht wird von der Großen Koalition jetzt angestrebt: Wenn zur Erzeugung von Erneuerbaren Energien Veränderungen an einem Baudenkmal nötig werden, dann sollen diese genehmigt werden, heißt es jetzt. Dabei geht es etwa um den Bau von Windkraftanlagen in Rundlingsdörfern oder in der Nachbarschaft historischer Mühlen. Die Kommunalverbände beklagen allerdings, die jetzt vorgeschlagene Änderung sei nicht klar und eindeutig genug.


