Civey-Umfragen sind aus fachlicher Sicht ein Unterhaltungsformat.
Einen Haken gibt es bei der aktuellen Umfrage allerdings: Die Civey-Umfragen stehen bei Demoskopen immer wieder in der Kritik und sind deshalb mit leichter Vorsicht zu genießen. Zahlreiche Experten halten sie nicht für repräsentativ, sprechen von „willkürlicher Stichprobe“. „Civey-Umfragen sind aus fachlicher Sicht ein Unterhaltungsformat“, meint Ulrich Kohler, Professor für Methoden der empirischen Sozialforschung an der Universität Potsdam. In der Tat weichen Civey-Umfrageergebnisse auch immer wieder von Ergebnissen „klassischer“ Institute ab. Dennoch haben solche Hinweise im politischen Raum eine nicht zu unterschätzende Wirkung. Bei SPD und CDU können die neuen Zahlen kein Anlass zur Freude sein. Die SPD, die unter Stephan Weil das Image der „Niedersachsenpartei“ anstrebt, würde nur noch auf Rang drei rutschen. Die CDU, die erst vor wenigen Tagen von sich behauptete, die „Niedersachsenpartei“ zu sein, sieht sich einer starken grün-roten Mehrheit gegenüber, denn zusammengerechnet würde es für Grüne und SPD wohl locker zur Regierungsbildung reichen. Anders ausgedrückt: Von der Schwäche der SPD können vor allem die Grünen profitieren, während ein klassisches Bündnis der Vergangenheit, CDU und FDP, zusammen nur Aussicht auf 32 Prozent hätte, also weit von einer eigenen Mehrheit entfernt wäre. CDU, FDP, SPD und Grüne haben Bündnisse mit der AfD strikt ausgeschlossen.
Diese Umfrage drückt allerdings die Stimmungslage während eines derzeit bundesweiten Höhenfluges der Grünen aus. Dabei ausgeklammert ist, dass die nächste Landtagswahl erst in drei Jahren stattfindet, bis dahin also noch eine Menge Zeit bleibt und sich in der politischen Stimmung einiges tun dürfe. Auch die stärkere Hinwendung zu starken Spitzenkandidaten, die SPD und CDU in anderen Bundesländern stets geholfen hat (jedenfalls dem jeweiligen Ministerpräsidenten in Sachsen und Brandenburg), wird in der Umfrage nicht berücksichtigt, auch nicht die Kampagnenfähigkeit der jeweiligen Partei. Ministerpräsident Stephan Weil hatte im August angekündigt, 2022 wieder als Spitzenkandidat der SPD antreten zu wollen, Bernd Althusmann hat dies für die CDU vor wenigen Tagen erklärt.