27. Feb. 2017 · Kommentar

Eine „Lose-Lose-Lose-Situation“ für Weil

Darum geht es: Die Vorstandsbezüge  bei Volkswagen bleiben auch nach der vom Aufsichtsrat beschlossenen Einkommensobergrenze in der Diskussion. Ein Kommentar von Martin Brüning: Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil ist derzeit wirklich nicht zu beneiden, er sitzt zwischen Baum und Borke. In der Diskussion um Managergehälter bekommt er derzeit Druck von gleich drei Seiten. Die Opposition im Landtag versucht Weil wegen der Millionenabfindung für das ehemalige VW-Vorstandsmitglied Christine Hohmann-Dennhardt vor sich herzutreiben. Die SPD überschlägt sich mit Ideen, wie man Managergehälter am wirkungsvollsten begrenzen könnte, und kollidieren dabei mit der Wolfsburger Realität. Und am Aufsichtsratstisch in Wolfsburg sitzt Stephan Weil Nadelstreifenträgern gegenüber, die die ganze Aufregung gar nicht verstehen. Vermutlich fragen sie sich, was der in ihren Augen „Geringverdiener Weil“ denn nun schon wieder von ihnen möchte. Statt einer „Win-Win-Situation“ ist es für den Ministerpräsidenten und SPD-Landesvorsitzenden eine „Lose-Lose-Lose-Situation“. https://twitter.com/ARD_BaB/status/835895766644375552 Der im Aufsichtsrat ausgehandelte Kompromiss zur Begrenzung der VW-Vorstandsgehälter ist dabei nur ein kleiner Teilerfolg. Der laut Weil „wichtige Schritt nach vorne“ ist allerhöchstens ein kleiner Trippelschritt. Die VW-Vorstandsgehälter bewegen sich nach wie vor in teilweise schwer nachvollziehbaren Sphären, ein Fall Hohmann-Dennhardt wäre immer noch möglich und VW-Vorstandspensionäre werden auch künftig mit dem Eckrentner so viel zu tun haben wie ein VW Up mit einem Bentley. Weil zahlt den Preis dafür, dass er den Frieden im Aufsichtsrat wahren möchte. Vielleicht ist er auch nicht der Typ, der in dem Gremium auf den Tisch haut. Mehr Entgegenkommen ist in Wolfsburg offensichtlich nicht zu erwarten – auch nicht von der IG Metall. Wer erstmal oben mitverdient, diskutiert über das Thema Gerechtigkeit nur noch in der Theorie. Ob die Wahlkampf-Pläne der SPD in Berlin, so sie denn umgesetzt werden, ein Mehr an Gerechtigkeit bringen, bleibt indes abzuwarten. Eine Begrenzung der steuerlichen Absetzbarkeit der Vergütung auf 500.000 Euro bedeutet nicht, dass die Unternehmen ihren Managern künftig weniger bezahlen. Vielversprechender klingt da schon eine Grenze für das Verhältnis zwischen Vergütung des Vorstands und dem Einkommensdurchschnitt im Unternehmen. Dies dürfte aber nicht nur die juristisch anspruchsvollere Variante sein. Auch die Zahl der möglichen Schlupflöcher ist möglicherweise nur schwer zu begrenzen. Richtig ist eine Debatte über ein Ungleichgewicht der Einkommen allemal. Die Frage bleibt allerdings, warum nur Manager dabei in den Fokus geraten. Der Fußball-Mittelfeldspieler Filip Kostic kostet den Hamburger SV pro Jahr drei Millionen Euro. Am Wochenende ging er mi dem HSV mit 0 zu 8 bei Bayern München unter und kassierte vom Fachblatt „kicker“ nicht zu Unrecht die Note 6. Was unterscheidet den Besserverdiener Kostic eigentlich von einem Manager, der seine Leistung nicht erbringt? Das Beispiel zeigt: Die Diskussion um Millionengehälter könnte komplexer sein, als sie im anstehenden Wahlkampf derzeit vermittelt wird. Mail an den Autor dieses Kommentars
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #39.
Martin Brüning
AutorMartin Brüning

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