11. Okt. 2017 · 
Kommentar

Ein zusätzlicher Feiertag könnte schlecht für uns alle sein

Darum geht es: Im niedersächsischen Landtagswahlkampf geht es erneut um einen zusätzlichen Feiertag. Dabei zeichnet sich ein breites Parteienbündnis für einen weiteren Feiertag ab. Ein Kommentar von Martin Brüning. [caption id="attachment_28152" align="aligncenter" width="780"] Am 31. Oktober hat Niedersachsen in diesem Jahr frei - Foto: MB.[/caption] Es ist ja so leicht, einen zusätzlichen Feiertag zu fordern. Wer soll schon dagegen sein? Und es gibt schließlich auch große Unterschiede. Während es in Niedersachsen nur neun Feiertage im Jahr gibt, sind es in Bayern zwölf. In den Niederlanden sind es übrigens 13, in Portugal 14 und in Spanien 15 Feiertage. Warum nicht gleich eine europäische Harmonisierung vorschlagen? Sechs zusätzliche Feiertage für Niedersachsen – das wäre eine neue Forderung im Wahlkampf und viel Zustimmung hätte man damit auch auf seiner Seite. Führt man die Debatte auf Deutschland zurück, so gibt es die Unterschiede nicht nur bei der Anzahl der Feiertage, sondern auch bei der Wirtschaftskraft der einzelnen Bundesländer. An der wirtschaftlichen Stärke Bayerns oder Baden-Württembergs kann sich Niedersachsen nach wie vor eine Scheibe abschneiden. Das Land wäre gut beraten, die Kluft zwischen den Ländern nicht zu groß werden zu lassen. Dafür muss man aber mehr arbeiten und nicht weniger. Ein zusätzlicher Feiertag ist dabei kontraproduktiv. https://twitter.com/Rundblick_NDS/status/918133626432380928 Produktivität, Wettbewerbsfähigkeit, Kaufkraftverluste – das sind Begriffe, mit denen die Wirtschaft gegen den weiteren Feiertag argumentiert. Ein zusätzlicher Feiertag würde die Produktionsleistung der niedersächsische Wirtschaft pro Jahr mit 264 Millionen belasten, argumentiert die Industrie- und Handelskammer Niedersachsen und bezieht sich auf Zahlen des ifo-Instituts. Die Argumentation macht deutlich, warum die deutsche Wirtschaft seit Jahren in zahleichen gesellschaftlichen Debatten den Kürzeren zieht. Wenn es auf der einen Seite „Am Feiertag gehören Mami und Vati mir“ heißt, kommt die andere Seite mit „Aber denk doch mal an die Produktivität und die Kaufkraftverluste“ – so lässt sich niemand in einer Debatte überzeugen. Lesen Sie auch:   Der zusätzliche Feiertag belastet nicht die Unternehmen, er belastet uns alle. Denn wir alle arbeiten in diesen Unternehmen. Während wir also unseren zusätzlichen Feiertag genießen, wird anderswo gerade gearbeitet, vielleicht sogar noch produktiver als bei uns. Das ist nicht nur schlecht für unser Unternehmen, das ist auch schlecht für unseren Arbeitsplatz. Wer den zusätzlichen Feiertag dafür nutzt, vom Sofa aus auf Amazon etwas zu bestellen, schwächt den Handel in der Innenstadt weiter. Dabei geht es nicht um die Einzelhandelsunternehmen, sondern um die Arbeitsplätze aller, die bei solchen Unternehmen hier in Niedersachsen arbeiten. Man kann eben nicht das Sterben des Einzelhandels in den Innenstädten beklagen und gleichzeitig durch zusätzliche Feiertage genau diesem Handel auch noch Umsätze wegnehmen. Das alles ist unbequem, niemand hört das gerne. Ein sonniger Feiertag am Steinhuder Meer, an der Nordsee oder im Weserbergland ist meistens angenehmer als ein Arbeitstag im Büro, hinter der Kasse oder in der Fabrikhalle. Aber hinter den Begriffen Wettbewerbsfähigkeit und Produktivität verbirgt sich auch die Frage, wie wir in Zukunft leben werden. Natürlich geht in Niedersachsen durch einen einzigen zusätzlichen Feiertag die Wirtschaftswelt nicht unter. Dennoch kann er bei genauerem Hinsehen ein Nachteil sein - für uns alle. Mail an den Autor dieses Kommentars
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #179.
Martin Brüning
AutorMartin Brüning

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