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Der „niedersächsische Weg“ bedeutet im Ergebnis, dass für jeden landwirtschaftlichen Betrieb genau ermittelt und erfasst werden muss, wieviel Gülle dort anfällt und wohin diese gebracht wird. In einigen süddeutschen Ländern stößt die damit verbundene Transparenz für jeden Bauernhof auf Widerstand der Interessensverbände und der Landespolitik.
Trinkwasserschutz: EU droht mit hohen Strafzahlungen
Die Dramatik ergibt sich zum einen aus der Notwendigkeit eines besseren Trinkwasserschutzes. Seit Jahren wird die zulässige Obergrenze der Nitratbelastung überschritten, die EU droht nun ab April dieses Jahres hohe Strafzahlungen an, sollten nicht drastische Einschränkungen der Düngeregeln für die Landwirtschaft beschlossen werden. Bislang war der 3. April für einen entsprechenden Beschluss über die verschärfte Düngeverordnung im Bundesrat angesetzt, dieser soll jetzt auf den heutigen Freitag vorgezogen werden. https://twitter.com/Landvolk/status/1242353565550743553 Die Bundesländer mussten anhand von Grundwassermessungen festlegen, inwieweit es „rote Gebiete“ gibt, auf die sich nach dem Entwurf der neuen Düngeverordnung eine stark eingeschränkte Düngung (minus 20 Prozent) beziehen soll. In Niedersachsen gelten 39 Prozent der Landesfläche als „rotes Gebiet“. Landwirte laufen gegen diese geplante Vorgabe Sturm, weil bisher ein einziges negatives Messergebnis eines Brunnens in einem großen Areal die 20-Prozent-Auflage auslösen kann.Lesen Sie auch: „Machbar, aber teuer“: Bauern nehmen die neuen Dünge-Einschränkungen murrend hin Bauern-Verbände stellen „rote Gebiete“ in der Düngeverordnung in Frage
Der „niedersächsische Weg“ sieht daher vor, dass in diesen „roten Gebieten“ anhand des Nährstoffkatasters genau geprüft werden soll, welcher Landwirt wie mit den Rückständen seiner Tiere und Biogasanlagen umgeht. Dann könne man für jeden einzelnen Betrieb detailgenaue Auflagen für die Düngung verhängen. Erst vor wenigen Tagen hatte sich auch NRW diesem Vorschlag von Niedersachsen angeschlossen. Auch mehrere Länder, in denen die Grünen mitregieren, sollen offen gegenüber diesem Weg sein.
Otte-Kinast telefonierte mit von der Leyen, Lies mit Flasbarth
In den vergangenen Tagen wurde hektisch telefoniert – unter anderem auch zwischen Agrarministerin Barbara Otte-Kinast und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen. Auf SPD-Ebene suchte Umweltminister Olaf Lies Kontakt zu Jochen Flasbarth, dem Staatssekretär im Bundesumweltministerium. Ein Einigungskonzept sah so aus: Die EU ist einverstanden mit der Verschiebung der Düngeeinschränkung auf Anfang 2021 – da gegenwärtig wegen der Corona-Krise die nötige Überprüfung der Grundwassermessungen schwierig zu bewerkstelligen wäre.