In der vergangenen Woche ist in Hamburg erstmals ein sogenanntes Dublin-Zentrum eingerichtet worden. Dort sollen künftig Flüchtlinge, die über ein EU-Mitgliedsland nach Deutschland eingereist sind und deren Asylanträge deshalb vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) negativ beschieden wurden, vor ihrer Abschiebung zentral untergebracht werden. Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (SPD) erkennt in diesen Einrichtungen einen „sinnvollen Beitrag, wenn sie in der Praxis tatsächlich zu einer Optimierung des Dublin-Verfahrens und vermehrten Überstellungen in den für das Asylverfahren zuständigen EU-Staat führen.“ Das Dublin-System der EU sieht vor, dass Asylanträge in dem EU-Land gestellt werden müssen, das von den Flüchtlingen zuerst betreten wurde. Eine freie Weiterreise soll es nicht geben. Geschieht dies doch, müssen die Fälle innerhalb von sechs Monaten bearbeitet und die Rückführung in das Ersteinreiseland vollzogen sein. Andernfalls geht die Zuständigkeit für das Asylverfahren auf den jeweiligen Nationalstaat über, in dem sich der Flüchtling zu diesem Zeitpunkt befindet. Im vergangenen Jahr wurden nach Auskunft des niedersächsischen Innenministeriums insgesamt 293 Personen nach der entsprechenden Dublin-III-Verordnung in den für die Durchführung des Asylverfahrens zuständigen EU-Staat überstellt. Im Jahr davor sind es 204 Personen gewesen.

Daniela Behrens | Foto: MS/dpa

Innenministerin Behrens erklärte auf Rundblick-Anfrage, sie wolle sich über die Ergebnisse der Pilotphase des Hamburger Dublin-Zentrums in der Innenministerkonferenz informieren lassen und dann sehen, ob der Bund auch in Niedersachsen zu einer engeren Kooperation bereit wäre. Das Bundesinnenministerium strebt mit dem Pilotprojekt an, die Zusammenarbeit zwischen den Ausländerbehörden und dem Bamf zu verbessern. Wie das Innenministerium mitteilte, habe Niedersachsen gegenüber dem Bundesministerium ebenfalls Bereitschaft signalisiert, ein solches Zentrum einzurichten. Ein Umsetzungskonzept des Bundes dazu stehe jedoch noch aus. Sympathie für die Dublin-Zentren gibt es auch in der oppositionellen CDU-Landtagsfraktion. Deren innenpolitischer Sprecher André Bock erklärte auf Rundblick-Anfrage, er könne sich die Einrichtung von Dublin-Zentren in Niedersachsen gut vorstellen, um Verfahren wie diese zu beschleunigen und so möglichst schnell abzuarbeiten. „Für die Zukunft stehen wir allerdings für wirksame Grenzkontrollen und eine Politik, die es gar nicht erst ermöglicht, dass Fälle wie diese Deutschland erreichen.“

Auch für Niedersachsens Innenministerin sind die Dublin-Zentren noch nicht die beste Maßnahme, um dem beschädigten Dublin-System wieder Geltung zu verschaffen. „Immer wieder zeigt sich, dass wir gerade mit Blick auf Dublin-Fälle Behördenschnittstellen reduzieren müssen, um Abstimmungsprobleme zu vermeiden. Deshalb sollten wir meiner Ansicht nach sogar noch weiter gehen und diese Fälle künftig ausschließlich und zentral durch das Bamf bearbeiten lassen“, erklärte Behrens gegenüber dem Politikjournal Rundblick. Für die Abschiebungen sollte dann allein die Bundespolizei zuständig sein. Abstimmungen mit den Ausländerbehörden der Länder und Kommunen würden entfallen. „Ich bin der Meinung, dass es für die Bundesregierung eine der entscheidenden migrationspolitischen Aufgaben der kommenden Monate sein wird, mehr Dublin-Verfahren als bisher fristgerecht und zielführend abzuschließen, sodass Asylsuchende wieder konsequent in den EU-Staat zurückgeführt werden, in dem sie erstmals registriert wurden und der für die Durchführung des Asylverfahrens zuständig ist“, sagte Behrens.

Bereits jetzt sollen Dublin-Asylbewerber mit geringer Bleibeperspektive gar nicht mehr auf die Kommunen verteilt werden. Aktuell plane das niedersächsische Innenministerium zudem, abgelehnte Asylbewerber, die sich der Rückführung widersetzt haben, nicht mehr in ihre Unterkünfte in den Kommunen zurückzuschicken. Künftig sollen diese bis zu ihrer Abschiebung zentral in der Landesaufnahmebehörde (Lab Ni) untergebracht werden, wie Ministeriumssprecher Oliver Grimm auf Rundblick-Anfrage mitteilte. Für weitere Abschiebeversuche sei dann die Landesaufnahmebehörde zuständig. Diese Regelung soll sich allerdings explizit nicht nur auf Dublin-Fälle beziehen, sondern auf alle Ausreisepflichtigen. Nach Auskunft des Innenministeriums haben sich in Niedersachsen im vergangenen Jahr insgesamt 44 Ausreisepflichtige der Rückführung widersetzt, 23 davon waren Dublin-Fälle. Insgesamt 18 Personen leisteten den Widerstand beim Zugriff, zwei bei der Zuführung und 24 bei der Übergabe an die Bundespolizei. In sechs Fällen scheiterte die Überstellung, weil sich der Pilot weigerte, die Ausreisepflichtigen mitzunehmen. Im Jahr 2023 war die Gesamtzahl etwas geringer: 31 Ausreisepflichtige widersetzten sich, davon waren 25 Dublin-Fälle. 17 Personen widersetzten sich beim Zugriff, drei im weiteren Verlauf und elf bei der Übergabe an die Bundespolizei. Außerdem verweigerte der Pilot viermal die Mitnahme.