Digitales Radio DAB: Der Transrapid der Hörfunktechnologie
Wenn der Konsument einfach nicht das kauft, was Teile der Politik und bestimmte Technik-Lobbyisten gerne möchten, hilft nur noch Zwang. Ab 2019 sollen nach dem Willen des Kulturausschusses des Bundesrats keine UKW-Radios mehr verkauft werden, meldete der Spiegel im September. Das bedeutet allerdings nicht, dass die daraus folgende DAB plus-Pflicht auch Wirklichkeit wird. Schließlich wird seit Jahren „um den digitalen Standard DAB gerungen, ohne dass er sich durchgesetzt hätte“, so formuliert es das Nachrichtenmagazin in derselben Meldung.
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DAB, das ist digitales Radio mit Antenne: Es wären unter anderem mehr Programme möglich und auch das Rauschen gehört der Vergangenheit an. Der Vorteil ist zugleich aber auch ein Nachteil. Denn wie es in der digitalen Welt üblich ist, gibt es nur null oder eins. Gibt es mit der Antenne an einer Stelle nur schlechten Empfang, so hört man das Lieblingsglied oder die Nachrichten nicht mit einem leichten rauschen – man hört gar nichts. Null oder eins.
Seit Jahren wird um DAB nicht nur gerungen, wie es im Spiegel-Artikel heißt. Es wird auch kräftig investiert – vor allem von den öffentlich-rechtlichen Sendern. Beobachter gehen davon aus, dass seit den 90er Jahren möglicherweise bis zu einer Milliarde Euro in die Technologie gesteckt – man könnte auch sagen: versenkt – wurden. Und so ist es kein Wunder, dass sich jetzt sogar der Landesrechnungshof genauer damit befassen will, wo denn die ganzen Millionen an Gebührengeldern in den vergangenen Jahren geblieben sind. Dazu ist eine Prüfung zwischen allen Rechnungshöfen in den vier Bundesländern des NDR-Sendegebiets abgestimmt. Federführend wird der niedersächsische Landesrechnungshof sein. Mit einem Ergebnis ist im Frühsommer des kommenden Jahres zu rechnen.
Geprüft werden soll konkret, wie viel Geld bisher schon in den Ausbau von DAB plus investiert wurde und wie groß die Akzeptanz dieser Technologie bei den Verbrauchern ist. Außerdem sind Gespräche mit NDR und Landesmedienanstalt darüber geplant, wie die Perspektiven eingeschätzt werden und unter welchen Voraussetzungen DAB plus weiter finanziell gefördert werden könnte. Dabei müsse auch die zunehmende Konkurrenz zum Internetradio eine Rolle spielen.
Die Vorteile von DAB plus lägen auf der Hand, schrieben der Intendant des Deutschlandradios sowie die Intendanten von MDR und Bayerischem Rundfunk im August in der FAZ. Dummerweise wollen die Verbraucher diese Vorteile einfach nicht erkennen. Laut Digitalisierungsbericht 2016 der Landesmedienanstalten liegt die Zahl der DAB plus-Haushalte inzwischen bei 13,8 Prozent. „Die Zukunft von DAB plus hängt in allererster Linie vom weiteren Markterfolg dieser Übertragungstechnik ab“, heißt es in einer Antwort der niedersächsischen Staatskanzlei auf eine Anfrage der FDP-Landtagsfraktion. Dieser „Markterfolg“ lässt allerdings seit zwei Jahrzehnten auf sich warten. DAB hat sich damit schon längst zu einem Transrapid der Hörfunk-Technologie entwickelt.
Nun bekommt der Konsument beim Kauf eines DAB plus-Radios in Niedersachsen allerdings auch ein eingeschränktes Angebot, dass den Kauf eines solchen Geräts nicht unbedingt befördert. Er kann zum Beispiel nicht die niedersächsischen Privatsender wie Radio ffn, Antenne Niedersachsen oder Radio 21 empfangen. Die Privaten scheuen die Investitionen. Viel Geld für wenig Hörer in die Hand zu nehmen, das können sich vor allem diejenigen leisten, die mit Gebühren kalkulieren und ihr Geld nicht am freien Markt verdienen müssen. Und so heißt es auch aus der niedersächsischen Staatskanzlei, für Aussagen über die Zukunft von DAB plus sei ganz wichtig, ob der private Hörfunk diesen Verbreitungsweg wirtschaftlich nutzen könne. Dabei geht es derzeit unter anderem um eine technische Frage. In einem Modellversuch wird gerade geprüft, ob einzelne Privatsender lokale Nachrichten oder Werbung durch ein Auseinanderschalten verbreiten können.
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Dann bleibt allerdings immer noch die Frage des sogenannten Overspills. So kann man heute einen Sender aus Halle länderübergreifend bis hinter Hannover hören, oder einen Sender aus Hannover bis hoch nach Büsum. Mit DAB plus wäre zunächst einmal an der Ländergrenze Schluss. Die Weiterverbreitung in einem anderen Bundesland wäre keine technische Frage mehr wie bei den UKW-Frequenzen, sie würde zu einer politischen Frage werden.
Ein Anachronismus in Zeiten des Internets, das der DAB-verliebten Technikgemeinde in den vergangenen Jahren nun zusätzlich dazwischen gefunkt hat. Denn würden Hörer, die heute schon über ihre Mobiltelefone Radiosender in Paris, Los Angeles oder Kapstadt hören können, Beschränkungen akzeptieren, die sich an Bundesländergrenzen orientieren? In der Realität hat die Abschaffung von UKW schon längst begonnen, seit große Handyhersteller gar keinen UKW-Empfänger mehr in den Geräten verbauen. Die „Generation spotify“ braucht kein UKW mehr – sie hört ihre Musik online und ruft auch Radiobeiträge „on demand“ ab. Für sie ist UKW genau dasselbe wie DAB plus: Technik von gestern.