
Um die Trotzwähler der AfD muss gerungen werden – ohne Umerziehungs- und Oberlehrerpose
Rundblick: Manches davon klingt populistisch – aber die Linke hat ja als populistische Partei inzwischen Konkurrenz von der AfD bekommen. Wie sollte man mit der AfD umgehen?
Dehm: Die Linke ist vielleicht populär, aber nicht populistisch. Jedoch zunächst auch ein paar selbstkritische Worte. Wenn andere nach rechts rücken, ist das auch für Linke ein Rückschritt, selbst, wenn wir dadurch Prozente gewännen. Wir sind keine selbstgefälligen Schriftgelehrten des Antifaschismus, sondern tragen eine gesellschaftliche Mitverantwortung auch für Fehler anderer und vor allem für insgesamt weniger Faschismus. Dafür, dass die SPD nicht weiter nach rechts geht, die CDU mit der AfD nie koaliert und dass innerhalb der AfD der Faschismus isoliert wird. Über Verteidigung des demokratischen Rechtsstaats war ich mir auch mit Christian Wulff einig. Darüber reden wir selbstverständlich auch mit der CDU. Darum hatte ich ja damals als Erster gegen den AfD-Politiker Björn Höcke wegen seiner „Schandmal-Rede“ Strafanzeige gestellt. Aber wir dürfen keinesfalls alle AfD-Wähler pauschal zu Faschisten stempeln, wenn die vielleicht mit der Geschwindigkeit gesellschaftlicher oder technischer Umbrüche nicht mithalten, wenn sie an Heimat und Traditionen festhalten. Manche, die sich über Migration beschweren, meinen gar nicht die aus Lebensgefahr Geflüchteten. Um die Trotzwähler der AfD muss gerungen werden – ohne Umerziehungs- und Oberlehrerpose. Überspitzt gesagt: Auf der Seite der sich als „links“ einstufenden Politiker gibt es gelegentlich mehr Nachsicht mit der Krötenwanderung oder dem Wolf als mit verirrten Menschen.