…läuft derzeit noch in den verschiedenen Arbeitskreisen und Fach-Runden, dürfte aber bald öffentlich noch mehr Schwung bekommen. Es geht um die Frage, wie sich Niedersachsen bei den geplanten neuen Regeln zur Windkraft verhalten wird.

Foto: Bene_A

Der Vorstand der CDU-Landtagsfraktion hat eine Marschrichtung verkündet – und stellt sich in einem zentralen Punkt gegen die Haltung, die der Koalitionspartner SPD stets vertreten hat. Die CDU-Fraktionsführung sagt, der auf Bundesebene vorgeschlagene Mindestabstand von 1000 Metern zu neuen Windrädern sei ein guter Weg. Die Gemeinden selbst sollten festlegen, ob sie das teilen oder nicht. Die SPD hingegen, die sich offiziell noch nicht zum Papier der Christdemokraten verhalten hat, möchte einen geringeren Abstand (so, wie er bisher schon besteht). Die SPD dürfte sich auch mit der Idee, den Gemeinden diese Regelung zu überlassen, nicht anfreunden. Ein Konflikt steht bevor.

Das ist der Hintergrund:

Die Debatte über die energiepolitische Ausrichtung läuft bundesweit auf Hochtouren. In Niedersachsen wird das durchaus mit Sorge gesehen, denn einerseits ist der Norden die Hochburg der Windenergie, in Aurich arbeitet einer der größten Windkraftunternehmen. Da der Ausbau stagniert, hoffen in Niedersachsen viele (das gilt sicher für SPD und CDU, wohl auch für Grüne und FDP) auf neue belebende Entscheidungen zugunsten der Windenergie.


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Doch die bundesweite Debattenlage ist viel komplizierter. Es gibt vehemente Gegner der Windkraft, vor allem in Süddeutschland. Die Überzeugung, die erneuerbaren Energien auch wegen des hohen Klimaschutz-Zieles unbedingt fördern zu müssen, eint längst nicht bundesweit die Politiker. In Niedersachsen ist das wohl so, doch andernorts längst nicht. Daher geistert die 1000-Meter-Regel durch die Debatte – gedacht von den Windkraft-Gegnern, die Abstände zu vergrößern. Bei den Windkraft-Anhängern im Norden löst das eher Stirnrunzeln aus, denn sie erwarten eine Stärkung und keine Schwächung der Erneuerbaren. Nun kommt hinzu, dass die Vorgaben aus Berlin hinreichend unbestimmt sind, also in der Debatte noch viel Bewegung ist, wenn man es positiv ausdrücken möchte. Negativ ausgedrückt kann man sagen: In Berlin herrscht Stillstand.

Das sind die Akteure in Niedersachsen:

Die SPD und mit ihr Umweltminister Olaf Lies möchten bei den Abstandsregeln am Status quo festhalten. Das heißt, es hänge vom Charakter des Wohngebietes in der Nähe und von der Anzahl der Windräder ab, wie groß der Abstand ist. Die TA Lärm definiert die Geräuschentwicklung, außerdem geht es um die „optisch bedrängende Wirkung“. Bei einer einzigen Anlage wäre wohl ein Abstand von 630 Metern (dreimal die Höhe der Anlage von 210 Metern) angemessen. Je höher der Status des Wohngebietes, desto höher die Distanz. Aus der SPD ist zu hören, dass man sich mit der CDU-Vorstellung, das Tabu in bestimmten Wäldern aufzuheben, durchaus anfreunden kann. Bisher ist das Landesraumordnungsprogramm hier eine hohe Hürde. In der SPD gibt es mehr Befürworter einer landesweiten Regelung, während in der CDU die Freunde einer Übertragung auf die Kommunen stärker sind.

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Die CDU hat sich noch nicht festgelegt, es gibt unterschiedliche Strömungen. Das Papier des Fraktionsvorstandes wurde auch nicht einmütig, sondern nach einem harten Ringen in der Sache beschlossen. Neben der Möglichkeit, Windkraftanlagen in Wäldern zu bauen, befürwortet die CDU auch eine Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes auf Bundesebene. So soll, was den Artenschutz angeht, nicht das Vorhandensein eines einzigen Vertreters einer schützenswerten Vogelart ausschlaggebend sein für das Versagen einer Genehmigung für Windkraftanlagen. Vielmehr solle es künftig erlaubt sein, das Gebiet und seine Bedeutung für die Population einer bedrohten Art zu definieren. Wenn dieses Gebiet nicht Hort einer bestimmten Population ist, sollen Beeinträchtigungen wie der Bau von Windrädern unter Umständen gestattet werden. Entsprechende Forderungen setzen allerdings eine Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes voraus, und dafür zeichnet sich in Berlin keine Mehrheit ab. Durchaus im Bereich des Möglichen ist es aber, hier eine gemeinsame Position der Koalition in Niedersachsen gegenüber dem Bund zu formulieren. Bei der 1000-Meter-Regel deutet sich ein Konflikt mit dem Koalitionspartner an, in den meisten anderen Punkten sind Kompromisse vorstellbar. Das gilt auch für Überlegungen, die Kommunen zu belohnen, wenn sie Flächen für Windräder ausweisen – etwa mit einer Beteiligung am Profit. Damit könnte man die spürbare Zurückhaltung der Gemeinden in diesen Planungen überwinden.


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Die Opposition von FDP, Grünen und AfD hält sich in der Debatte auffällig zurück. Die Kritiker der Windkraft sind in der AfD vielleicht noch am stärksten vertreten. Für die anderen Parteien bedeutet jede Positionierung auch eine schwierige Richtungsentscheidung. Erstens sind die Kritiker der Windenergie in vielen Kommunen sehr aktiv, sie drücken Bürgerwillen aus – und solche Initiativen haben bei Grünen und FDP von vornherein Sympathien. Zweitens kommt früher oder später ein Konflikt Naturschutz gegen Windkraft auf den Plan, beide Ziele stehen dann in konkreten Situationen unversöhnlich gegeneinander. Sich hier zu positionieren, scheint gerade für Grüne extrem schwierig zu werden.

Die Naturschutzverbände BUND und Nabu sind ebenfalls in einer Doppelrolle. Einerseits pflegen sie den Meinungsaustausch mit den Politikern, im Vorfeld der Festlegung der Fraktionen im Landtag werden viele – auch informelle – Gespräche geführt. Andererseits protestieren beide Verbände gegen Überlegungen, Windräder im Wald zu bauen. Sie sorgen sich um die Landschaftsreserven, die irreparable Schäden erleiden könnten.