Das große Geschäft mit dem kostbaren Wasser
Der Kardinalfehler, sagt der CDU-Kreistagspolitiker Heiner Schönecke unumwunden, ist wohl in der Vergangenheit geschehen. In den siebziger Jahren versäumte der Kreis Harburg, eine eigene Förderung von Grundwasser in der Heide zu beschließen. Also vereinbarte man damals mit der Stadt Hamburg, dass sie auf dem Harburger Gebiet tätig werden kann. Die Folge war: Seit vielen Jahren kommt es regelmäßig zum Streit zwischen den Harburgern in Niedersachsen und den Hamburgern. Jetzt soll eine Vereinbarung, die vor mehr als zehn Jahren mit der damaligen Bezirksregierung geschlossen wurde, auf eine neue rechtliche Basis gestellt werden. Wieder werden tiefsitzende Konflikte in diesem Wasserkampf nach oben gespült.
Viele Harburger, so wird auch in Internetforen deutlich, unterstellen den Hamburger „Pfeffersäcken“ eine unehrliche Geschäftemacherei: Sie würden das Wasser aus der Heide abpumpen, und zwar mehr als sie benötigen, und dafür nur eine geringe Vergütung an den Kreis Harburg entrichten. Dann würden sie das kühle Nass aber für viel mehr Geld gewinnbringend etwa an die Hansestadt Lübeck weiterverkaufen. „Profitgier“ sei das, heißt es. Die Hamburger weisen den Vorwurf zurück. Immerhin hat kürzlich der Kreistag in Harburg eine politische Willensäußerung abgegeben. Wenn die Kreisbehörde demnächst über einen Förderantrag der Hamburger Wasserwerke entscheiden muss, soll ein Riegel vorgeschoben werden.
Bisher fördern die Hamburger 15,7 Millionen Kubikmeter im Jahr, und der Antrag lautete, die Menge noch auf 18,4 Millionen zu steigern. Der Kreistag beschloss mit den Stimmen von CDU, Freien Wählern und FDP, die Menge im Gegenteil zu drosseln – auf 12,1 Millionen Kubikmeter. Dass die Menge noch weiter verringert werden kann, auch zum Schutz des Grundwasserspiegels in der Heide, hält Schönecke für schwer durchsetzbar: Die Hamburger hätten einen juristischen Anspruch und seien zudem noch in ihrem Vorgehen perfekt von einem Kommunikationsprofi beraten – dem früheren Chefredakteur von Sat 1 und des Rheinischen Merkurs, Prof. Michael Rutz.
„Unser Problem ist, dass der Harburger Landrat nicht auf Augenhöhe mit dem Hamburger Bürgermeister Olaf Scholz verhandeln kann“, sagt Schönecke, fügt aber hinzu: „Eigentlich müsste man den Hamburgern abverlangen, viel mehr als bisher für die Regeneration der Natur und den Schutz der Wasservorkommen in der Heide zu tun. Denn sie nehmen uns Wasser ab, das sie nicht in dieser Region verbrauchen – und das deshalb auch nicht wieder natürlich in den Wasserkreislauf zurückgeführt wird.“ SPD und Grüne stimmten im Harburger Kreistag gegen den Plan der Wasserentnahme, trotz der dort angegebenen Reduzierung der Fördermenge. Sie bangen um den Grundwasserspiegel – und sind in Sorge, dass Flüsse und Bäche austrocknen könnten. CDU und FDP weisen diese Sorgen zwar nicht ab, sind aber der Ansicht, dass man vermutlich aus juristischen Gründen das Hamburger Anliegen nicht wird aus Prinzip ablehnen können.
Vorsichtig agiert in dieser Frage bisher Niedersachsens Umweltminister Stefan Wenzel. Ein Sprecher sagte, die Umweltressorts in Hannover und Harburg hätten eine „Verwaltungsvereinbarung vorbereitet“. Sie sei rechtlich eigenständig, habe juristisch mit dem Wasserantrag der Hansestadt nichts zu tun und beinhalte „freiwillige Leistungen Hamburgs“. So soll die Stadt künftig im Abstand von zehn Jahren die Bedarfsprüfung aktualisieren und Geld für einen „Heidewasserfonds“ bereitstellen. Bevor dieser Vertrag in trockene Tücher kommen kann, müsse aber die untere Wasserbehörde beim Landkreis über den Förderantrag entschieden haben. Die fachliche Bewertung, ob die von Hamburg geplanten Schritte für den Schutz des Heidewasservorkommens reichten, sei „noch nicht abgeschlossen“, heißt es aus Wenzels Ministerium. (kw)