Während SPD und Grüne am Wochenende ihren Koalitionsvertrag abgesegnet und gleichzeitig ihren Wahlerfolg vom 9. Oktober gefeiert haben, sind auch die Wahlverlierer aktiv gewesen. Jeweils bei „kleinen Landesparteitagen“ haben die Christdemokraten in Walsrode und die Freien Demokraten in Oldenburg versucht, die Gründe für den Wahlausgang zu analysieren und einen Fahrplan für ihre personelle Erneuerung aufzustellen. Während bei der CDU schon klar zu sein scheint, wer die Leitfigur der nächsten Jahre sein soll, beginnt die FDP erst mit der Kandidatensuche. Die FDP hat nach dem Scheitern an der Fünfprozenthürde ihre parlamentarische Vertretung im Landtag eingebüßt, sie muss daher ihre landespolitische Vertretung künftig ehrenamtlich organisieren.

Der „Landesausschuss“ der CDU tagte hinter verschlossenen Türen und wurde eröffnet vom scheidenden Landesvorsitzenden Bernd Althusmann, der eine schonungslose Analyse der Fehler im Wahlkampf bot und dabei auch Selbstkritik ansprach. So habe man sich womöglich zu stark auf die Kritik an der Ampel-Regierung in Berlin konzentriert, ohne eigene Alternativen deutlich sichtbar werden zu lassen. Auch die Auseinandersetzung mit Stephan Weil, dem Spitzenkandidaten der SPD, sei womöglich zu spät und zu wenig entschlossen geführt worden. Teilnehmer berichten, dass Althusmanns Auftritt mit starkem Beifall bedacht worden sei – der aber sei nicht nur pflichtschuldig gekommen, sondern mit Überzeugung vorgetragen worden.

Was die Zukunft der CDU angeht, sieht derzeit alles nach nur einem Kandidaten für den Landesvorsitz aus, und zwar den neugewählten Fraktionschef im Landtag, Sebastian Lechner (41). Der Landesparteitag, auf dem der Vorsitzende gewählt wird, soll am 21. Januar sein, vorher soll sich der Kandidat noch an der Basis vorstellen. Für die Wahl der Stellvertreter werden Lena Düpont (Gifhorn), Reinhold Hilbers (Grafschaft Bentheim) und die Bundestagsabgeordnete Gitta Connemann (Leer) nominiert. Dabei ist Connemann nicht unumstritten. Fritz Güntzler (Göttingen) soll vom Stellvertreter auf den Schatzmeisterposten wechseln, was er selbst vorgeschlagen hat. Die CDU plant, die Möglichkeit eines Urwahl-Verfahrens zur Bestimmung des nächsten Spitzenkandidaten für die Landtagswahl 2027 in die Parteisatzung zu schreiben. In seiner Rede vor den Delegierten soll Lechner scherzhaft auf die CDU-interne Kritik reagiert haben, jetzt werde eine „Boy-Group“ der Jüngeren die Älteren von den Machtpositionen verdrängen: „Auch die, die älter als 42 sind, dürfen weiter mitarbeiten“, soll er mit einem Augenzwinkern gesagt haben.
In der FDP soll ein Parteitag am 10. März klären, wie die neue Führung des Landesverbandes aussieht. Bis dahin will der bisherige Vorsitzende Stefan Birkner im Amt bleiben, sich danach aber zurückziehen. Im Gespräch für die Nachfolge sind derzeit zwei Bundestagsabgeordnete – der Landes-Generalsekretär Konstantin Kuhle (33) aus dem Kreis Göttingen, ein profilierter Innenpolitiker vom eher linken Flügel der FDP, und der Agrarpolitiker Gero Hocker (47) aus dem Kreis Verden, der eher dem rechten Flügel zugeordnet wird. Beide haben sich aber bisher nicht erklärt, auch andere mögliche Bewerber sind noch nicht mit Ambitionen in Erscheinung getreten.
Die FDP-Führungsgremien äußerten die Erwartung, dass sich jeder Interessent für das Amt des Landesvorsitzenden bis zum 10. Dezember melden soll – damit danach das Verfahren bis zur Entscheidung am 10. März besprochen werden kann. Wie es heißt, ist auch eine Tandem-Lösung (ein Mann und eine Frau) denkbar. Im Landeshauptausschuss hat die FDP mehrere Stunden lang über die Ursachen der Wahlniederlage diskutiert, dabei kamen verschiedene Kritikpunkte zur Sprache – die Werbekampagne sei nicht gut gewesen, die Fixierung auf die Themen Atomkraftwerke und Förderschule sei verkehrt gewesen, meinten einige. Andere kritisierten, die Zweitstimmenkampagne sei unangemessen gewesen. Auch Birkner hielt eine Rede mit selbstkritischen Anmerkungen.
Gero Hocker | Foto: FDP Konstantin Kuhle | Foto: FDP