9. Okt. 2018 · 
Landwirtschaft

Beim Jagdgesetz muss das Agrarressort in einem Punkt den Bedenken der SPD weichen

Wenn der Agrarausschuss des Landtags heute über den Gesetzesentwurf zur Neufassung des Jagdgesetzes diskutiert, wird es wohl nur noch wenig Gegenwind geben. SPD und CDU haben sich gestern auf einen Entwurf geeinigt, der an einer entscheidenden Stelle von der Vorlage des Landwirtschaftsministeriums abweicht: Der „Elterntierschutz“ kann künftig nur bei Wildschweinen aufgehoben werden, und das auch nur dann, wenn in dem Gebiet eine Seuche – etwa die Afrikanische Schweinepest – ausgebrochen ist. Bisher sah der Entwurf vor, den Elterntierschutz (also das Verbot der Tötung trächtiger Muttertiere) auch als präventive Maßnahme auszusetzen und auf andere Tierarten auszuweiten. Dagegen hatten nicht nur die Grünen und Tierschutzverbände vehement protestiert, auch die SPD war mit diesem Vorschlag des Agrarministeriums nicht glücklich gewesen. Das Landwirtschaftsministerium wollte den Elterntierschutz vor allem deshalb so stark lockern, um den Bestand der Wildschweine drastisch reduzieren zu lassen und damit der „afrikanischen Schweinepest“ weniger Angriffsfläche zu bieten. Je weniger Tiere sich auf einem Gebiet aufhielten, desto geringer sei die Gefahr der Übertragung der Seuche. Aus Sicht von Tierschützern allerdings hätte das präventive Töten zahlreicher Wildschweine nicht dabei geholfen, die Ausbreitung zu verhindern. Denn Wildschweine legten gerade im Winter Hunderte Kilometer zurück - und die Lücken im Bestand hätten sich rasch wieder gefüllt. Stattdessen hätte die Aufhebung des Elterntierschutzes ohne ersichtlichen Grund nur dazu geführt, dass Familienverbände auseinandergerissen würden und der Nachwuchs verhungerte. Arjen Seeben, Jäger und Tierschützer, hatte zudem vermutet, dass mit der Lockerung Hobbyjägern entgegengekommen werden solle, die Elterntiere durch mangelnde Ausbildung nicht erkennen könnten. Auch die Ausweitung der Aufhebung des Elterntierschutzes zur Seuchenprävention auf andere Tierarten hatte er gegenüber dem Rundblick heftig kritisiert. Denn das hätte es im Einzelfall sogar ermöglicht, auf streng geschützte Tiere wie den Wolf zu schießen. Auch die SPD hatte vor allem nach der Verbandsanhörung große Bedenken, den Elterntierschutz so deutlich auszuweiten. Nun hat sie sich offensichtlich beim Koalitionspartner damit durchgesetzt, dass der Elterntierschutz nur minimal gelockert wird. „Damit tragen wir der hohen Bedeutung des Elterntierschutzes Rechnung und schaffen gleichzeitig ein wirkungsvolles Instrument zur Seuchenbekämpfung“, sagt Karin Logemann, landwirtschaftspolitische Sprecherin der SPD. Die Agrarexpertin der Grünen, Miriam Staudte, lobt die neue Regelung: „Das ist ein Fortschritt, dass mit der Aufhebung des Elterntierschutzes nicht ein kompletter Tabubruch begangen wird.“ Jedoch müsse die Aufhebung eine Ausnahme sein und zeitlich und örtlich streng begrenzt werden. Allerdings übt sie nach wie vor Kritik im Umgang mit den Nutrias. „Hier werden immer noch viel zu viele Ausnahmen gemacht.“ So lehnt sie die Jagd auf Nutrias durch Hobbyjäger ohne Jagdschein ebenso ab wie Fallen, die die Tiere verletzen, sie aber nicht direkt töten. „Nutrias müssen professionell bejagt werden und es ist nicht tierschutzgerecht, wenn sie durch Vergiften, Schlingen oder andere Fanggeräte erst lange leiden, bevor sie erlöst werden.“ Die Koalition hat sich zudem noch auf eine andere Regelung im neuen Jagdgesetz geeinigt. So soll das Jagen von bewegten Anhöhen, etwa durch den Ansitz auf der Ladefläche eines fahrenden Transporters oder Anhängers, verboten bleiben. „Das bedeutet im Umkehrschluss aber, dass es erlaubt ist, von dort aus zu schießen, wenn der Anhänger oder Transporter steht und niemand am Steuer sitzt“, sagt der agrarpolitische Sprecher der CDU, Helmut Dammann-Tamke. Diese Regelung sei deshalb nötig, weil es sich bei den sogenannten „Erntejagden“, bei denen die Jäger das Wild über längere Strecken verfolgten, etabliert habe, sich künstliche Anhöhen auf Fahrzeuge zu schaffen. „Da gab es aber bisher eine Rechtsunsicherheit, wann es erlaubt ist, von dort aus zu schießen“, sagt Dammann-Tamke.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #178.
Martin Brüning
AutorMartin Brüning

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