21. Dez. 2022 · 
Inneres

Banken rügen Pistorius: „Wir erwarten von Ihnen Besonnenheit und Vermittlung“

Kritisieren den Innenminister aufgrund seiner forschen Aussagen zu den Überfällen auf Geldautomaten (von links): Thomas Mang, Axel Schwengels und Marco Schulz. | Foto: SVN, Genossenschaftsverband, Canva, Montage: Rundblick

Im Streit über die Frage, ob es mehr Schutzvorkehrungen gegen Überfälle auf Bankautomaten geben sollte, haben die Banken verschnupft auf die Art und Weise reagiert, in der Innenminister Boris Pistorius (SPD) wiederholt aufgetreten ist. Der Minister hatte die Banken ultimativ aufgefordert, die Investitionen in die Sicherheit der Automaten und ihrer Standorte zu erhöhen – ansonsten schließe er auch eine Bundesratsinitiative nicht aus. Hintergrund sind Beobachtungen der Polizei, wonach Täterbanden die Niederlande als Tatort meiden und nach Deutschland ausweichen, da hier die Automaten ein lohnenswerteres Ziel darstellten. Im November erklärte Pistorius öffentlich, er habe „kein Verständnis dafür, dass die Banken und Sparkassen so lange brauchen.“ In den Niederlanden gebe es längst bessere Sicherheits- und Schutzsysteme. Im Bundesrecht könne man die Banken womöglich zu den Investitionen verpflichten, und er könne sich vorstellen, einen solchen Weg in Gang zu bringen.

„Öffentlich verbreitete Pauschalvorwürfe und sachlich verkürzte Darstellungen helfen allen Beteiligten an dieser Stelle sicher nicht weiter.“

Pistorius und die neue Justizministerin Kathrin Wahlmann (SPD) hatten bei diesem Thema in den vergangenen Wochen wiederholt öffentliche Stellungnahmen abgegeben. Wie kürzlich bekannt wurde, haben mehrere öffentliche Banken auf dieses Vorgehen ausgesprochen verärgert reagiert. Dem Politikjournal Rundblick liegt ein gemeinsamer Brief des „Genossenschaftsverbandes, Verband der Regionen“, des „Genossenschaftsverbandes Weser-Ems“ und des „Sparkassenverbandes Niedersachsen“ vor. Das auf den 5. Dezember datierte Schreiben von Sparkassenpräsident Thomas Mang und den beiden Verbandsvorständen Axel Schwengels und Marco Schulz beginnt mit dem Satz „Ihre Aussagen in der Presse in den vergangenen Wochen haben wir verwundert und irritiert zur Kenntnis genommen.“ Das Vorgehen gegen die Kriminellen, heißt es sodann, könne „nur im Schulterschluss der beteiligten Behörden und der Kreditinstitute geschehen“. Daran schließt sich dann der folgende Satz an: „Öffentlich verbreitete Pauschalvorwürfe und sachlich verkürzte Darstellungen helfen allen Beteiligten an dieser Stelle sicher nicht weiter.“

Eine Bankfiliale in Gadenstedt (Landkreis Peine) ist im Juli durch Automatensprenger schwer verwüstet worden. | Foto: Polizei Braunschweig

Die Verärgerung bei den Banken ist wohl auch deshalb so ausgeprägt, weil es in dieser Debatte eine interne Vorgeschichte gibt. Die Vertreter des Kreditgewerbes hatten sich mit dem Innenministerium und den Ermittlungsbehörden zusammengesetzt. Seit Anfang Oktober liege auch als Ergebnis dieser Gesprächsrunden eine „Kooperationsvereinbarung zur Sicherheit von Geldautomaten“ vor. Obwohl das Thema ursprünglich vom Innenministerium angestoßen worden sei, laute der Plan jetzt, dass neben Bundesbank und niedersächsischer Kreditwirtschaft lediglich das Landeskriminalamt den Vertrag unterschreiben soll – und nicht mehr das Innenministerium als übergeordnete Behörde. Aber selbst diese Unterzeichnung habe bisher nicht stattgefunden – aus Gründen, wie die Banken-Vertreter schreiben, die ihnen nicht bekannt seien.

Klebetechnik stößt auf rechtliche Vorbehalte

Tatsächlich gebe es bereits standortbezogene Sicherungskonzepte. Dazu zählten Umbauten, mit denen Fluchtwege erschwert werden, Vernebelungsanlagen, bessere Videoüberwachungen, das Einfärben von Geldkassetten oder auch nächtliche Schließungen des Zugangs zu den Automaten. Ein wiederholt von Pistorius unterbreiteter Vorschlag, nämlich eine Klebetechnik anzuwenden (bei der Sprengung verkleben die Geldscheine und werden unbrauchbar), stoße noch auf rechtliche Vorbehalte. Die Bundesbank weigere sich bisher mit Hinweis auf geltende Vorschriften, den Banken die in solchen Fällen abhanden gekommenen Noten zu ersetzen.

Irritiert sind die Vertreter der Banken auch, weil man bei den Verhandlungen Anfang November überein gekommen sei, die von den Geldinstituten zugesagten Schritte zeitnah zu evaluieren – nämlich bis zum 30. Juni 2023. „Diese Frist sollte auf jeden Fall abgewartet werden, bevor weitere Maßnahmen eingeleitet werden“, schreiben Mang, Schwengels und Schulz an Pistorius.

Dieser Artikel erschien am 22.12.2022 in Ausgabe #229.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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