13. Aug. 2018 · 
Soziales

Aussiedlerbeauftragte fordert bessere Renten für die hier lebenden Spätaussiedler

Nach Ansicht der neuen Landesbeauftragten für Heimatvertriebene und Spätaussiedler, Editha Westmann, muss an den derzeitigen Rentenregeln für die hier lebenden Deutschstämmigen aus Osteuropa einiges geändert werden. „Es geht nicht um Besserstellung, sondern um Angleichung“, sagte Westmann am Montag bei der Eröffnung ihres Büros am Georgsplatz in Hannover. Das Problem sei, dass alle Einkünfte und Rentenansprüche, die diese Menschen vor ihrem Wohnortwechsel nach Deutschland erworben haben, bisher hierzulande nicht anerkannt werden. Im engen Kontakt mit ihren Kollegen in anderen Ländern und auf Bundesebene wolle sie dafür werben, dass es hier Nachbesserungen gibt. In Niedersachsen leben derzeit rund 400.000 Spätaussiedler, die meisten von ihnen kommen aus Ländern der früheren Sowjetunion. Der Zuzug wachse wieder und liege derzeit bei 7000 Menschen, die jährlich nach Deutschland umziehen – viele davon durchlaufen das Grenzdurchgangslager in Friedland. [caption id="attachment_34273" align="alignnone" width="704"] Wissenschaftsminister Björn Thümler und die neue Beauftrage für Spätaussiedler, Editha Westmann. Foto: Wallbaum[/caption]

Thümler befürwortet Aufteilung

Seit März hat die Landesregierung zwei Beauftragte, die sich um aus dem Ausland hierher gezogene Menschen kümmern – Doris Schröder-Köpf für die Migranten und Westmann für die Heimatvertriebenen und Aussiedler. Mit einem Team von Mitarbeitern ist Westmann dem Ministerium für Wissenschaft und Kultur angegliedert, der Stab arbeitet in einem Gebäude mit der Landeszentrale für politische Bildung. Wissenschaftsminister Björn Thümler sagte, er befürworte die Aufteilung in zwei Landesbeauftragte mit je eigenem Wirkungskreis, eine „Vermischung“ sei aus seiner Sicht nicht sinnvoll – bei den Aussiedlern gehe es um Menschen, die sich zur deutschen Kultur bekannt haben und seit 1990 einfacher als zuvor wieder nach Deutschland kommen könnten. Sie seien Deutsche im Sinne des Grundgesetzes.
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Bei Migranten und Flüchtlingen, die etwa aus Syrien hierher kommen, sei die Lage eine andere. „Am Ende eines jeden Tages muss klar sein, wer sich um wen zu kümmern hat“, meinte Thümler. Das kann als Anspielung auf Schröder-Köpf verstanden werden, die just am Wochenende erklärt hatte, sich auch als Ansprechpartnerin für viele aus Russland hierher kommende Menschen zu sehen. Thümler zeigte sich besorgt zur gegenwärtigen politischen Weltlage, da die Gegensätze sich verschärften und Deutschland „als Mittler zwischen Ost und West“ immer stärker gebraucht werde. Mehr als 70 Jahre nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs habe immer noch jeder vierte Deutsche einen direkten Bezug zu Flucht und Vertreibung. Der Wissenschaftsminister sieht eine der Ursachen für die vielen Probleme in Europa bei den Spätfolgen des Ersten Weltkriegs – die tiefen Verletzungen nach den willkürlichen Grenzziehungen, bei denen Völker durchschnitten und neu aufgeteilt worden seien, „sind immer noch nicht bewältigt“.

Pflege der Kultur sicherstellen

Westmann erklärte, als Tochter eines aus Schlesien nach Niedersachsen vertriebenen Vaters wisse sie, wie stark die emotionalen Bedürfnisse von Heimatvertriebenen seien. Die Patenschaft, die Niedersachsen zur Landsmannschaft der Schlesier habe, könne „neue Impulse vertragen“. Man könne zwar nicht jede Heimatstube und jede Heimatsammlung erhalten, aber eines ihrer „Herzensanliegen“ sei es, die Pflege der Kultur sicherzustellen. Die kulturellen, sprachlichen und persönlichen Fertigkeiten der Spätaussiedler müssten wertgeschätzt werden, sie seien „eine Bereicherung für unser Land“. Westmann gestand ein, dass es in den vergangenen Jahren Versäumnisse gegeben habe bei der Aufgabe, die Spätaussiedler bei der beruflichen Weiterqualifikation angemessen zu unterstützen.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #138.
Klaus Wallbaum
AutorKlaus Wallbaum

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