24. Nov. 2025 · 
TagesKolumne

Auf der Suche nach der verlorenen Zeit

„Wir liegen gut in der Zeit“ ist die größte Lüge öffentlicher Groß-Veranstaltungen. Denn immer kommt einer, der das Reden nicht lassen kann.

Wie lange eine Minute dauert, hängt bekanntlich davon ab, auf welcher Seite der Toilettentüre man sich befindet. Oder, mit den Worten von Albert Einstein, dem Erfinder der Relativitätstheorie: „Wenn man zwei Stunden lang mit einem Mädchen zusammensitzt, meint man, es wären eine Minute. Sitzt man jedoch eine Minute auf einem heißen Ofen, meint man, es wären zwei Stunden.“

Wie relativ die Zeit ist, das beschäftigt derzeit auch die Erfinder der Endlager-Suche. Ähnlich wie bei Stuttgart 21 verschiebt sich der Tag der Schlüsselübergabe auch beim Atommüll-Endlager immer weiter nach hinten. Mit dem Unterschied, dass der Stuttgarter Bahnhof immerhin schon lokalisiert und in den Boden gebuddelt wurde. Beim Endlager suchen wir immer noch den besten Standort.

Sonderbare Sache, die Zeit. | Foto: Kleinwächter

„Die Zeit dehnt sich – und dann rast sie wieder“, wird der Neuropsychologe Marc Wittmann in der neusten Ausgabe der BGE-Zeitschrift „einblicke“ zitiert. Das Heftchen fiel mir am Freitagmorgen beim Frühstück als kostenlose Beilage aus den Seiten meiner Wochenzeitung heraus. Genau zur rechten Zeit: Nur wenige Stunden später saß ich dann im HCC und lauschte ein paar Vorträgen beim Vierten Endlager-Forum. Den ersten Block (Begrüßung, Tagesordnung, Geschäftsordnung) habe ich mir allerdings geklemmt, weshalb ich genau pünktlich zur ersten von vielen Kaffeepausen in der Niedersachsen-Halle Platz nahm.

„Wir liegen gut in der Zeit“, sagte die Moderatorin in dem Moment. Aber der nächste Tagesordnungspunkt wurde nicht etwa vorgezogen. Nein, die Pause wurde ausgedehnt. Als Teilzeit-Moderator kann ich sagen: Das wird sich am Ende rächen! „Spare in der Zeit, dann hast du in der Not“ – gerade bei der Endlagersuche sollte man doch wissen, dass man mit der Zeit streng haushalten sollte, denn „dann rast sie wieder!“ Und mit Sicherheit kommt dann irgendwann ein Mann, der mit dem Reden wieder nicht aufhören kann. Es dauerte nicht lange an diesem Freitagmittag.

Die TagesKolumne sucht die verlorene Zeit, im Rundblick finden Sie derweil diese Themen:

  • Bischofswahl: In herausfordernden Zeiten wählt die evangelisch-lutherische Kirche in Braunschweig eine neue Bischöfin. Christina-Maria Bammel muss nun die Auflösung der Ortsgemeinden umsetzen.


  • Primärarztmodell: Die „Hausarztzentrierte Versorgung“ von AOK und KVN ist ein Erfolgsmodell. Aber so einfach lässt es sich nicht auf alle Versicherten übertragen, sagt die Krankenkasse.


  • Endlager-Forum: Bei der Suche nach einem geeigneten Standort spielt die Beteiligung der Bevölkerung eine wichtige Rolle. Was brauchen sie, um mitreden zu können?


  • Personen und Positionen: Thela Wernstedt, Ingrid Spletter-Weiß, Anne Remmers und Felix Büchting.

Starten Sie ohne Eile in die neue Woche!

Ihr Niklas Kleinwächter

Dieser Artikel erschien in Ausgabe #208.
Niklas Kleinwächter
AutorNiklas Kleinwächter

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