9. Okt. 2015 · Archiv

Am Rande: Schmieden für den Frieden

(rb) 70 Jahre nach Ende des Nazi-Terrors haben der in Harlingerode am Harz aufgewachsene Film- und Fernsehschauspieler Heinz Hoenig („Das Boot“, „Der große Bellheim“, „Der König von St. Pauli“) und der Schmied/Metalldesigner Alfred Bullermann aus Friesoythe (Landkreis Cloppenburg) am 8. Mai 2015 im Oldenburger Land die Aktion „Schmieden für Frieden“ ins Leben gerufen. Seither ziehen die beiden Niedersachsen gemeinsam durch Deutschland, um mit geschmiedeten „Friedensnägeln“ für ihr Projekt zu werben. In die Köpfe der Eisennägel schlagen sie symbolische Friedenstauben. Mit dem Erlös aus deren Verkauf unterstützen der Schauspieler und der Schmied Projekte wie zum Beispiel das „Friedensbett“ im Krankenhaus der niedersächsischen Kleinstadt Friesoythe. Dort werden Kriegsopfer kostenlos behandelt. Wenn Hoenig und Bullermann am lodernden Feuer der Esse stehen, kann der Schauspieler sein Fachwissen einbringen. Als junger Mann hat er eine Ausbildung zum Schlosser absolviert. Auf Bullermann traf Hoenig 2005 das erste Mal, als dieser gemeinsam mit 46 Zunftkollegen aus ganz Europa in Vechta einen ausgedienten Leopard-Panzer der Bundeswehr zerlegte und aus den Überresten ein „Tor zum Frieden“ schuf. Bullermann ist in der Schmiedebranche international gut vernetzt und organisiert sogar Workshops in Übersee. Zu seinem Netzwerk gehört auch ein Kollege aus der Millionenstadt Donezk in der Ostukraine, in der Krieg herrscht. Der Schmied sandte von dort einen Hilferuf an seine Freunde. Er hatte eine Friedenstaube geschmiedet. Die Kollegen sollten es ihm öffentlichkeitswirksam nachmachen und Symbole gegen den Krieg schaffen. Als seine Werkstatt Anfang 2015 zerbombt wurde, der Schmied und seine Familie nur mit Glück überlebten, wurde Bullermann aktiv. Es war der Auslöser für die Friedensnägel. Inzwischen sind weitere Prominente mit von der Partie: Schauspielerin Marianne Sägebrecht („Bezaubernde Marie“, „Frau Holle“, „Out of Rosenheim“) schwingt den Schmiedehammer ebenso wie Joseph Vilsmaier. Der Filmregisseur („Russisches Roulette“, „Comedian Harmonists“, „Schlafes Bruder“) hat sich bereits mit Hoenig und Bullermann zur gemeinsamen Fertigung von Friedensnägeln getroffen. Das Thema bekomme „eine ganz neue Wertigkeit“, wenn Schmiede ihr traditionelles Handwerk für den Frieden einsetzten. „Wir wollen erreichen, dass Schmiede aus der ganzen Welt mitmachen. Der Nagel mit der Taube ist unser Friedensengel“, sagt Hoenig. Geprägte Nägel haben seit dem Mittelalter für die Zunft eine besondere Bedeutung. „Er war für die Wandergesellen ein Kommunikationsmittel. Wenn sie einen Ort verließen, schlugen sie ihren persönlichen Nagel in einen bestimmten Balken. Dann wussten die anderen Schmiede, dass es dem Kollegen gut geht“, erklärt Bullermann. Gemeinsam mit Hoenig plant er ein jährliches Treffen internationaler Schmiede, das stets am 8. Mai bei den Externsteinen im westfälischen Detmold stattfinden soll. Im Schatten dieses Naturdenkmals entsteht das Kompetenzzentrum Wandern „Walk“ mit Unterstützung der EU und des Landes Nordrhein-Westfalen. Hier kreuzen sich zwei europäische Wander- und Radwanderrouten. Eben da soll Bullermann ein Wanderkreuz errichten. Sein Entwurf sieht eine zwölf Meter hohe Skulptur aus Eisen vor mit jeweils 40 mal 40 Zentimeter große Balken für das Einschlagen der Friedensnägel. Drumherum stehen Ruhebänke aus Eisen, die kurzerhand in Feuerstellen zum Schmieden umgebaut werden können. Nordrhein-Westfalens Wirtschaftsminister Garrelt Duin hat bereits an Ort und Stelle einen Friedensnagel erworben. Der niedersächsische SPD-Mann aus Hinte bei Emden unterstützt das Projekt von Hoenig und Bullermann. Das tun inzwischen auch viele Schmiede. „Es sind schon mehr als 20 dabei – aus Italien, Frankreich, Österreich und Polen. Und es werden immer mehr“, freut sich Hoenig. stu
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #185.
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