Die Corona-Pandemie hat die Nahverkehrsunternehmen hart getroffen. 2019 wurden im Liniennahverkehr in Niedersachsen rund 617 Millionen Fahrgäste befördert, ein Jahr später waren es nur noch 463 Millionen. Bundesweit rechnet der Branchenverband VDV mit einem Minus in Milliardenhöhe. „Und es ist auch weiterhin mit erheblichen Verlusten zu reichen.

Wir glauben, dass der ÖPNV-Rettungsschirm in Niedersachsen mit den bereitgestellten Mitteln nur noch bis April reichen wird“, sagte Wirtschafts- und Verkehrsminister Bernd Althusmann (CDU) am Mittwoch. Die Landesregierung will den Hilfsfonds deswegen um weitere 120 Millionen Euro und damit auf 683 Millionen Euro aufstocken – vorausgesetzt, der Landtag stimmt zu. Von der Gesamtsumme stammen 283 Millionen aus Bundesmitteln, den Rest zahlt das Land. „Wir verlangen den Aufgabenträgern bei den Maßnahmen zum Infektionsschutz einiges ab, deswegen ist es wichtig, ihnen auch entgegenzukommen“, begründete Althusmann die Aufstockung des Rettungsschirms.
„Es wird nach der Pandemie darum gehen, den ÖPNV in Niedersachsen noch attraktiver zu machen und die Fahrgäste zurückzugewinnen“, sagte der Verkehrsminister. Angesichts erschwerter Bedingungen durch die Covid-19-Pandemie verbuchte es Althusmann als Erfolg, dass das Land mit seinem ÖPNV-Jahresförderprogramm 2022 bei den Kommunen Investitionen von rund 268 Millionen Euro auslöst. Das Land selbst schießt 105,8 Millionen Euro dazu. Der Löwenanteil von 69 Millionen Euro fließt in die Infrastruktur des „straßengebundenen“ ÖPNV. Darunter fallen Investitionen etwa in Stadtbahn- und Busbetriebshöfe, Park-and-Ride-Anlagen oder auch Echtzeitfahrgastinformationssysteme. „Wir wollen die weißen Flächen auf der niedersächsischen Echtzeitkarte beseitigen“, sagte Althusmann. Sein Ziel ist es, dass bis 2025 alle Busfahrten in Niedersachsen elektronisch erfasst und digital nachverfolgt werden können. Das größte Einzelvorhaben für 2022 ist der Neubau des Stadtbahnbetriebshofs „Glocksee“ in Hannover, der fast 160 Millionen Euro kostet (Landeszuschuss: 38 Millionen Euro). Weitere Millionenprojekte sind die neuen Busbetriebshöfe in Salzgitter-Lebenstedt und in Delmenhorst sowie die Umrüstung von Bussen mit alternativen Antrieben.

Den Ausbau von 891 Bushaltestellen lässt sich das Land insgesamt 33,2 Millionen Euro kosten. In erster Linie geht es darum, die Stationen barrierefrei zu machen, was auch höchste Zeit ist. Laut dem Personenbeförderungsgesetz müssen eigentlich schon seit Jahresbeginn alle deutschen Bushaltestellen barrierefrei sein. Einen Rechtsanspruch haben Fahrgäste allerdings nicht, weshalb sich die in Verzug geratenen Kommunen keine Sorgen machen müssen. Der Verkehrsminister bewertet das riesige Interesse an der Haltestellen-Förderung grundsätzlich als positiv: „Ich freue mich sehr, dass aus allen Aufgabengebieten mindestens ein Antrag eingegangen ist.“
Die Anschaffung von 219 neuen Omnibussen wird mit 27 Millionen Euro gefördert. Althusmann würde hier gerne verstärkt die alternativen Antriebe fördern, die meisten neuen Busse (185) werden allerdings mit Diesel angetrieben. Nur jeder fünfte neue Omnibus in Niedersachsen hat einen Elektro-, Erdgas- oder Hybridantrieb. „Gerade im ländlichen Raum ist der Dieselbus derzeit das verlässlichere Transportmittel“, sagte der Minister. Neben der höheren Reichweite sprechen auch die niedrigeren Anschaffungskosten für den Verbrenner, die laut Althusmann im Schnitt bei etwa 230.000 Euro liegen. „Busse, die mit Elektro oder Gas angetrieben werden, sind in der Regel um das Doppelte teurer.“ Zudem kommen die Hersteller nicht mit der Produktion hinterher. Während von der Bestellung bis zur Auslieferung eines Dieselbus‘ etwa 8 bis 9 Monate vergehen, müsse man bei Elektrobussen anderthalb Jahre warten.
Für Bahnhofsgebäude und Bahnsteigprojekt sind im Förderprogramm für drei Projekte in Borkum, Gifhorn und Langeoog rund 3,6 Millionen Euro eingeplant. Die meisten Bahnhofsmodernisierungen werden aber weiterhin durch das Sonderprogramm „Niedersachsen ist am Zug“ finanziert, das zur Hälfte von Bahn und Land bezahlt wird und in der dritten Auflage „NiaZ3“ ein Volumen von 147 Millionen Euro für 44 Bahnhofsprojekte hat.
