3. Juli 2019 · 
Parteien

AfD diskutiert über einen „Burgfrieden“

Nachdem beim Landesparteitag in Hannover die unüberbrückbaren Gegensätze innerhalb der niedersächsischen AfD offenkundig wurden, wird jetzt intern über eine Versöhnung der beiden Lager diskutiert. Vertreter des Flügels um den Bundestagsabgeordneten Armin-Paul Hampel, der beim jüngsten Mitgliedertreffen am Wochenende in der Mehrheit war, haben den Getreuen der Landes- und Fraktionsvorsitzenden Dana Guth eine Verständigung angeboten. Dieser Plan wird jetzt offenbar von maßgeblichen AfD-Funktionären vorangetrieben. Wie ernst es aber mit dem Begraben des Kriegsbeils ist, bleibt weiter zweifelhaft. Denn in den lautstarken Debatten am Wochenende eskalierte mancher Streit, Protagonisten beider Seiten wählten in kleinem Kreis für die jeweils andere Seite Schimpfworte, und am Rande war es fast zu einem tätlichen Gerangel zwischen dem Pressesprecher und einem führenden Hampel-Vertrauten gekommen. Derzeit wirkt die Landes- und Fraktionsvorsitzende Dana Guth intern geschwächt wie selten zuvor. Diese Gelegenheit nutzt Hampel jetzt offensichtlich, ihr Zugeständnisse als Gegenleistung für Loyalität abzuringen. [caption id="attachment_41821" align="alignnone" width="780"] Ex-AfD-Chef Armin-Paul Hampel zwischen den Delegierten auf dem letzten Parteitag - Foto: kw[/caption] In der AfD wird über einen „strategischen Plan“ des Hampel-Flügels spekuliert. Er hatte erst die Mehrheit seiner Leute beim Landesparteitag organisiert, anschließend dann eine Drohkulisse aufgebaut: Angekündigt wurde, mehrere angeblich oder tatsächliche Fehler des von Guth geführten Landesvorstandes vor der Mitgliedschaft ausführlich zu diskutieren. Dabei geht es um den abgesagten Landesparteitag Anfang Mai in Seevetal (Kreis Harburg), um zwei Mitglieder, denen den Rückkehr zum Landesverband Niedersachsen nicht ermöglicht wurde, und um Mängel in der Aufarbeitung der Finanzgebaren aus der Zeit von Hampel als Landesvorsitzender (2013 bis 2018). Abgerundet wurde das mit der Neuwahl zweier Vorstandsmitglieder. Dabei gab es eine Überraschung: Als neuer Schriftführer setzte sich in einer Kampfabstimmung ausgerechnet Uwe Wappler aus Oyten (Kreis Verden) durch, ein enger Mitstreiter von Hampel. Er trat beim Parteitag sehr häufig als Redner und Antragsteller auf. Neuer Wahlkampfbeauftragter wurde Thomas Gutwein aus Osterholz, der wiederum dem Guth-Lager zugerechnet wird. Die Kür von Wappler wird von manchen im Guth-Lager als Provokation angesehen. War es doch Wappler, der vor vielen Monaten den NS-Kampfbegriff „Trappenjagd“ verwandte, als es um die Auseinandersetzung mit seinem parteiinternen Rivalen Thorben Freese ging. Freese ist Beisitzer im Landesvorstand, in den jetzt auch Wappler einen Platz finden soll.
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Für die neuesten Entwicklungen in der AfD fällt Wappler eine Schlüsselrolle zu. Beim Parteitag trat er im Angesicht einer klaren Mehrheit des Hampel-Lagers ans Mikrophon und bot eine Abmachung an: Das Hampel-Lager würde mehrere für den Landesvorstand ungünstige Anträge zurückziehen, wenn dieser im Gegenzug auch Kompromissbereitschaft zeige. Daraufhin ging der Vize-Landesvorsitzende Klaus Wichmann vom Guth-Lager nach vorn und bezeichnete diese Verständigung als sinnvoll. Damit blieb dem Landesvorstand auch der Antrag erspart, die Kosten für die Wirtschaftsprüfung der Hampel-Amtszeit nicht von der Landespartei tragen zu lassen – sondern den Landesvorstandsmitgliedern aufzulasten. Es geht um rund 60.000 Euro. Beobachter vermuten hinter der plötzlichen Gesprächsbereitschaft des Hampel-Lagers die Absicht, sich für mögliche vorgezogene Bundestagswahlen zu rüsten. Die meisten Mitglieder der niedersächsischen AfD-Landesgruppe im Bundestag zählen zu Hampels Gefolgsleuten. Es wird vermutet, dass viele von ihnen, auch Hampel selbst, gern wieder aufgestellt werden wollen. Im Landtag zählt die größte Gruppe der Abgeordneten zum Guth-Lager, auch dort möchten viele wohl das nächste Mal wieder kandidieren. Solange der Machtkampf zwischen beiden Seiten noch herrscht, kann niemand sicher sein, ob bei den Aufstellungsversammlungen mal die eine oder mal die andere Gruppe die Oberhand haben wird.
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #123.
Martin Brüning
AutorMartin Brüning

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