Die Frist ist schon lange abgelaufen. Spätestens Ende Januar 2023 mussten alle Grundstücksbesitzer und Hauseigentümer in Niedersachsen eine Grundsteuer-Erklärung beim Finanzamt einreichen. Das war nötig, da die Grundsteuer von Anfang 2025 an auf einer neuen Grundlage berechnet wird. Das Bundesverfassungsgericht hatte schon im April 2018 die Länder dazu verpflichtet – und in Niedersachsen wurde ein eigenes, besonderes Modell entworfen, das sogenannte Flächen-Lage-Modell. Nun wollte der CDU-Landtagsabgeordnete Ulf Thiele etwas genauer wissen, wie viele dieser Grundsteuer-Erklärungen noch ausstehen.

Die Antwort des Finanzministeriums liegt inzwischen vor. Demnach sind 241.762 dieser Mitteilungen noch nicht eingereicht worden. Bei 3,5 Millionen „wirtschaftlichen Einheiten“, so die Wortwahl der Landesregierung für die Immobilien, für die eine Grundsteuer-Erklärung abgegeben werden muss, entspricht der Anteil der Nicht-Teilnehmer landesweit 6,82 Prozent. Insgesamt 410.000 Grundeigentümer haben Einspruch gegen die Aufforderung zur Abgabe der Erklärung eingelegt – und in acht Fällen sind bereits Klagen anhängig. Diese verfolgen offenbar das Ziel, die niedersächsische Grundsteuer-Regel höchstrichterlich zu Fall zu bringen. Fünf Klagen kommen aus dem Bereich des Finanzamts Osterholz-Scharmbeck, je eine aus Lingen, Wesermünde und Braunschweig-Helmstedt.
Thiele wollte nun wissen, inwieweit regionale Auffälligkeiten zu Buche schlagen. In ihrer Antwort verneint die Landesregierung, dass es solche Auffälligkeiten gebe. Allerdings sind die Abweichungen doch schon beträchtlich. Ziemlich hohe Anteile von bisher nicht abgegebenen Erklärungen zwischen 8 und knapp 10 Prozent gibt es in den Finanzämtern Goslar-Bad Gandersheim, Wesermünde, Northeim-Herzberg, Leer, Nordenham, Zeven, Hameln-Holzminden, Soltau und Cuxhaven. Spitzenreiter sind Goslar-Bad Gandersheim und Wesermünde, die beide knapp an 10 Prozent heranreichen. Die geringsten Zahlen mit weniger als 5 Prozent sind registriert in den Finanzämtern Syke, Papenburg, Delmenhorst, Oldenburg, und Osnabrück-Stadt, Westerstede liegt mit 5,1 Prozent knapp darüber. Den günstigsten Wert haben Syke (3,51 Prozent) und Delmenhorst (3,72 Prozent).
Die Finanzämter haben unterschiedlich streng mit dem Mittel der Versäumniszuschläge reagiert. Laut Ministerium war die Vorgabe, dies nur „auf besonders gelagerte Einzelfälle zu beschränken“. Für jeden angefangenen Monat der Verspätung sollten 25 Euro verlangt werden. Die mit Abstand meisten Zuschläge hat das Finanzamt Lingen-Ems verlangt: 788 Verspätungen wurden geahndet. Dreistellige Zahlen gab es zudem in den Ämtern Gifhorn, Uelzen-Lüchow, Osnabrück-Stadt und Quakenbrück. 23 Finanzämter – auch die in der Landeshauptstadt, haben ganz auf diesen Weg verzichtet. Das gilt auch für das Finanzamt Hannover-Süd, obwohl es dort 12.251 ausstehende Erklärungen gibt – so viele wie in keinem anderen Finanzamt. Die mit Abstand meisten bereits erledigten Einsprüche gegen die Grundsteuer-Festsetzung hat es im Finanzamt Lingen-Ems gegeben, jenem Amt, das auch die höchste Zahl von Versäumniszuschlägen verhängt hat. Es waren dort insgesamt 164 Einsprüche. 21 Einsprüche sind hier streitbefangen, also noch nicht einvernehmlich entschieden.
Die Zahlen der Landesregierung zeigen, dass die erhoffte große Einmütigkeit bei der Festsetzung der neuen Grundsteuerregeln nicht vorhanden ist. Auch wenn die Tatsache von acht Klagen gegen das niedersächsische Modell nicht hoch erscheint, so müssen sich doch die Gerichte intensiv mit dem Für und Wider der Regelung auseinandersetzen. Das kann am Ende das gesamte System der Steuerbemessung noch ins Rutschen bringen.