4. Aug. 2015 · 
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Zum Tage: Aktionsplan für Flüchtlinge

(rb) Während das Gros der Landespolitik Ferien macht, profiliert sich Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius in der Flüchtlings- und Asylpolitik. In Zeitungsinterviews und Gesprächen mit Journalisten fordert der SPD-Politiker einerseits mehr Anstrengungen von allen Beteiligten für eine menschenwürdige Unterbringung der zunehmenden Zahl von Flüchtlingen sowie einen „roten Faden“ im grundsätzlichen Umgang mit diesem drängenden Problem. Andererseits lässt er keinen Zweifel daran, dass Asylsuchende aus den Balkanstaaten mangels Aussicht auf Erfolg ihrer Anträge das Land schnell wieder verlassen sollten. Gleiches müsse auch für Flüchtlinge gelten, die sich wie am Wochenende im Erstaufnahmelager in Bramsche-Hesepe (Landkreis Osnabrück) der Körperverletzung oder des Raubes schuldig machten. Selbst bei einem positiven Ausgang der Anerkennungsverfahren sollte in diesen Fällen von der sogenannten Ermessensausweisung Gebrauch gemacht werden, meinte Pistorius am Montag während eines Pressegesprächs in Hannover. Gleichzeitig bemüht sich der Innenminister darum, in Niedersachsen Zeichen für eine gut strukturierte Flüchtlingspolitik zu setzen: Seit dem 1. Juli gibt es in seinem Haus das neu geschaffene Referat 65, das sich ausschließlich um die Flüchtlingsaufnahme- und -versorgung kümmert. Hier sollen zentral die Weichen für die Fortentwicklung der bisherigen Landesaufnahme-Einrichtungen in Braunschweig, Bramsche, Osnabrück und Friedland sowie für voraussichtlich vier zusätzliche Standorte – davon sollen zwei noch in diesem Jahr bezugsfertig werden – gestellt werden. Außerdem hat das Land bereits mehr Stellen für Sozialarbeiter in den Unterkünften zugesagt. Zeitgleich werden die Kommunen stärker in die Pflicht genommen, ihre Quoten bei der Aufnahme von Flüchtlingen auch wirklich zu 100 Prozent zu erfüllen. Wie berichtet, hat Innenstaatssekretär Stephan Mahnke am vergangenen Freitag den Landräten und Oberbürgermeistern im Land schriftlich angekündigt, dass ab 10. August einmalig etwa 3000 Flüchtlinge auf die Kommunen verteilt werden, um die Aufnahmefähigkeit der Landeseinrichtungen sicherzustellen. Nach Angaben des Innenministeriums sind diese für 5000 Menschen konzipiert, derzeit aber mit mehr als 8000 Personen belegt. Eben diese Zahl soll mittel- bis langfristig von den Einrichtungen des Landes aufgenommen werden können. Um das Überwintern in Containern und Zelten möglichst zu verhindern, zugleich aber die Nutzung von leerstehenden Kasernen, Hotels, Kliniken etc. zu erleichtern sowie den schnellen Neubau von Flüchtlingsunterkünften in den Kommunen zu ermöglichen, tüftelt Pistorius außerdem an einem „Aktionsplan“: Er sei gerade dabei, eine Liste mit bau- und vergaberechtlichen Vorgaben zu erstellen, die pragmatische Lösungen verhinderten, teilte er am Montag mit. Er werde die Sommerferien nutzen, um gemeinsam mit den anderen Ländern den besten Weg auszuloten, der zu einem auf ein bis zwei Jahre befristeten Moratorium für die entsprechenden Bundesgesetze führen soll – möglichst schon im September. Ob seine Bemühungen in eine Bundesratsinitiative mündeten, müsse sich zeigen. Zugleich lobte der Innenminister das Engagement des Schauspielers und Regisseurs Til Schweiger, der – wie am Wochenende bekannt wurde – eigenes Geld in eine ehemalige Kaserne in Osterode stecken will, um die sich das Land Niedersachsen seit Monaten als Flüchtlingsunterkunft bemüht. Der Filmstar würde dort gern Freizeitangebote für Kinder, eine Sportanlage, eine Werkstatt und eine Näherei realisieren, aber auch spezielle Hilfen für traumatisierte Kinder organisieren. Er freue sich sehr über Schweigers Engagement. Dieses Signal komme zur rechten Zeit und bestätige die unermüdliche Arbeit der vielen Tausend Ehrenamtlichen, die sich derzeit um Flüchtlinge in Deutschland kümmerten, betonte Pistorius. Dennoch müsse sichergestellt werden, dass der Betrieb der Einrichtung die hohen sozialen und ethischen Standards des Landes erfülle. bri
Dieser Artikel erschien in Ausgabe #147.
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