Der Endspurt im Landtagswahlkampf hat begonnen, und rechtzeitig haben führende Politiker von FDP und CDU mit neuen, zugespitzten Aussagen für Furore gesorgt. Der Generalsekretär der niedersächsischen FDP, Konstantin Kuhle, wagte sich mit einer Distanzierung von der CDU hervor. Im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur sagte er, der CDU-Spitzenkandidat Bernd Althusmann „wird nicht Ministerpräsident werden“. Kuhle fügte hinzu, er halte es sogar für wahrscheinlich, „dass die CDU aus der Landesregierung ausscheiden wird“. Daher sei eine Stimme für die CDU womöglich eine verlorene Stimme – und für die FDP komme es darauf an, so stark zu werden, dass ohne die FDP eine Regierungsbildung nicht möglich sei.

Die FDP stellt ihren neuen Wahlkampfslogan in Hannover vor. | Foto: FDP

Diese Äußerung des Landes-Generalsekretärs hat erhebliche Reaktionen in den sozialen Medien ausgelöst, auch eigene Parteifreunde hat Kuhle damit irritiert. Denn obwohl er es nicht konkret ausdrückt, meint Kuhle damit, dass er die FDP als Partner an der Seite von SPD und Grünen anpeilt. Er stellt also eine Ampel-Koalition – wie es sie auf der Bundesebene schon gibt – als erstrebenswertes Ziel dar. Dies in einem Moment zu tun, in dem die Berliner Ampel gerade viel Gegenwind erntet, wird als gewagt angesehen. Zugleich grenzt sich der FDP-Generalsekretär überraschend scharf vom CDU-Spitzenkandidaten ab und betont damit die Distanz zu den Christdemokraten, die jahrzehntelang als natürliche Partner der Freien Demokraten gegolten hatten. Ob das klug und geeignet ist, potenzielle CDU-Wähler auf die Seite der FDP zu ziehen, kann bezweifelt werden.

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Zur Aussage von Kuhle passt auch ein neuer Slogan, den die FDP in der letzten Woche plakatiert und der in einer Großveranstaltung am 1. Oktober auf dem hannoverschen Kröpcke gezeigt wurde: „Es kommt auf uns an“, begleitet von einer geballten Faust mit Bizeps. Das Bild kann zu Spott ermuntern, da die FDP sich in einigen Umfragen derzeit im Abwärtstrend befindet und der Spruch zum Mutmachen der eigenen Wahlkämpfer dienen kann. Andere deuten „Es kommt auf uns an“ so, dass die FDP eben ihren Teil dazu beitragen will, eine Kooperation von SPD und Grünen zu stützen – aber eben nicht ein Bündnis zwischen CDU und Grünen. Anders ließe sich damit in Verbindung die gegen Althusmann gerichtete Aussage von Kuhle kaum deuten. Als Wahlkampfslogan hingegen wäre „Es kommt auf uns an“ nur so zu verstehen, dass mit „uns“ die niedersächsischen Wähler gemeint sind und die Aussage auf eine starke Beteiligung der Bürger am Wahltag zielt. Bei einer gutbesuchten Veranstaltung der FDP am 1. Oktober wurde ein übergroßes Plakat mit dem neuen Spruch auf dem Kröpcke präsentiert – als eine „Überraschungsaktion“.



Bei dieser FDP-Veranstaltung nahmen mehrere Redner, unter anderem Bundestagsfraktionschef Christian Dürr, Bezug auf eine aktuelle Äußerung von Althusmann in der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Der CDU-Spitzenkandidat erklärte dort, ihm erscheine „in der derzeitigen Situation die Fortführung der Großen Koalition unter Führung der CDU als ein durchaus geeignetes Modell“. Er fügte hinzu, dass er „so manche Festlegung der Grünen zur Energieversorgung und zur Versorgungssicherheit mit Lebensmitteln nicht nachvollziehen“ könne. Dennoch halte er die Hürden zwischen CDU und Grünen für „nicht unüberwindbar“. Diese Althusmann-Aussage ist bemerkenswert, da er in den vergangenen Wochen stets die Möglichkeiten für Schwarz-Grün betont hatte und an die entsprechenden Bündnisse in Schleswig-Holstein und Nordrhein-Westfalen erinnerte.

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Spätestens seit Mitte September aber trübt sich das Verhältnis zwischen CDU und Grünen wieder ein, begleitet auch von wiederholten und teilweise heftigen Angriffen des Grünen-Co-Spitzenkandidaten Christian Meyer an die Adresse der CDU. Umgekehrt wird in CDU-Kreisen auch bezweifelt, dass bei Schwarz-Grün die Grünen wirklich gute Ministerkandidaten aufbieten könnten. Die Offenheit des CDU-Spitzenkandidaten gegenüber der Fortsetzung einer Großen Koalition unterscheidet ihn von Ministerpräsident und SPD-Spitzenkandidat Stephan Weil, der schon vor mehr als einem Jahr ein rot-grünes Bündnis als sein Ziel verkündet hatte und bisher eisern daran festhält. Andere führende SPD-Politiker haben ihm öffentlich darin noch nicht widersprochen. FDP-Bundestagsfraktionschef Christian Dürr nannte Althusmanns Äußerung in der Veranstaltung auf dem Kröpcke „einen Treppenwitz der Geschichte“, da von der Großen Koalition keine wirkliche Innovation zu erwarten sei.