Zu wenig Zuspruch, kein klares Konzept: Die Cebit ist ab sofort nur noch Vergangenheit
Die Nachricht kam am Mittwoch wie ein Paukenschlag. Die hannoversche Computermesse Cebit, die seit mehr als 30 Jahren regelmäßig in Hannover angeboten wurde, gibt es künftig nicht mehr. Wie der Vorstand gestern mitteilte, wird schon die für Mitte Juni 2019 geplante Ausstellung aus dem Veranstaltungsprogramm gestrichen. Künftig werde versucht, die Cebit-Themen in der regulären hannoverschen Industriemesse unterzubringen. Als Gründe für die harte Entscheidung werden intern die Unklarheiten über die richtige Konzeption, der Rückgang der Besucherzahlen und die Zurückhaltung der Aussteller genannt. Für die nächste Veranstaltung, die eigentlich in einem halben Jahr starten sollte, waren angeblich bisher nur 6000 Quadratmeter an Ausstellungsfläche vermietet werden – das ist weniger als die Hälfte des Areals, das etwa zur gleichen Zeit zur Vorbereitung der Cebit 2018 erreicht worden war. Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) kommentierte die Vorgänge nicht ohne Wehmut: „Ein wichtiges Kapitel der Messen in Hannover geht zu Ende, und das ist sehr schade. Der digitale Wandel findet inzwischen überall statt, auch auf allen anderen Messen. Die Cebit ist insofern ein Opfer des eigenen Erfolges.“
Welche Schwierigkeiten die Manager der Ausstellung zu bewältigen hatten, wird rückblickend auf die Cebit dieses Jahres deutlich. Hatte die Computermesse noch kurz nach der Jahrtausendwende rund 850.000 Gäste gezählt, so sind es in diesem Jahr nach offizieller Darstellung nur rund 110.000 gewesen. Namhafte Aussteller wie SAP, HP und verringerten ihre Präsenz oder blieben ganz weg. Man verlegte die Veranstaltung von März auf Juni, damit parallel zur Darstellung von Produkten und Dienstleistungen auch Events angeboten werden konnten. Die Cebit sollte so attraktiv für das junge Publikum werden. Messe-Vorstand Oliver Frese erklärte im Juni, trotz der Besucherrückgänge mit dem Ergebnis zufrieden zu sein. Das Volumen der Geschäftsabschlüsse während der Ausstellung war nach Ende der Cebit 2018 nicht klar beziffert worden. Wie es gestern hieß, wird Frese zum Jahresende aus dem Management der Messe aussteigen.
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Der Hauptgeschäftsführer von Niedersachsenmetall, Volker Schmidt, reagierte betroffen auf die Nachrichten: „Das ist ein Schlag ins Kontor für den Messestandort Hannover und damit für den gesamten Wirtschaftsstandort Niedersachsen. Die Cebit war für drei Jahrzehnte ein echtes Aushängeschild und hat maßgeblich zum Renommee der gesamten deutschen IuK-Wirtschaft beigetragen. Wir als Industriearbeitgeber bedauern diese Entwicklung ausdrücklich.“ Der Schritt sei dennoch „konsequent und richtig“, nun könne die Industriemesse mit Cebit-Themen angereichert und damit schlagkräftiger werden, sie müsse „weltweite Leitmesse der Industrie auch im Zeitalter der Digitalisierung bleiben“. Was die rund 800 Mitarbeiter der Messe-Gesellschaft angeht, gilt eine vor zwei Jahren vereinbarte Beschäftigungssicherung. Weniger als 70 Mitarbeiter sollen der Cebit zugeordnet sein, angeblich ist ein Stellenabbau bis 2024 ausgeschlossen.
Scharfe Kritik an den Vorgängen übte der FDP-Wirtschaftspolitiker Jörg Bode. Er sehe auch Managementfehler, da die Konzeption in den vergangenen Jahren ständig gewechselt worden sei und man damit Verwirrung gestiftet habe, sagte Bode dem Politikjournal Rundblick. Auch wenn große Namen wie Microsoft zuletzt nicht mehr als große Aussteller gekommen seien, hätte man „dennoch die Chance nutzen müssen, den Standort in Szene zu setzen und alle digitalen Entscheidungsträger in Hannover zu versammeln“. Ihn erschrecke, erklärt Bode, wie leichtfertig der Messe-Aufsichtsrat das Nein zur Cebit abgenickt habe. „Stattdessen hätte man überlegen müssen, welche Schritte man zur Belebung unternimmt“, sagt der FDP-Politiker. Das Verhalten des Aufsichtsrats der Messe AG „grenzt an Arbeitsverweigerung“. In dem Gremien sind Vertreter der Landesregierung und der Landeshauptstadt vertreten, unter anderem der Wirtschafts-, der Finanz- und der Umweltminister, sowie der Oberbürgermeister von Hannover.