Wozu die neuen Stellen in den Ministerien tatsächlich notwendig sein sollen
Wenn der Landtag nächste Woche den Nachtragshaushaltsplan beschließt, ist es unwiderruflich: Dann erhalten die Ministerien 99 zusätzliche Stellen. Wozu sind diese nötig? SPD und CDU versichern, sie wollten neue Schwerpunkte bilden und große Vorhaben umsetzen, dazu müsse auch die Spitze der Bürokratie verstärkt werden. Grüne, FDP und AfD halten dagegen, sie zweifeln an der Notwendigkeit. Christian Grascha (FDP) und Stefan Wenzel (Grüne) gehen sogar so weit, knapp die Hälfte der geplanten neuen Stellen für „unbegründet“ zu erklären. Das sei ein Grund, so erklärt Grascha, den Nachtragsetat für verfassungswidrig zu halten. Wenzel zeigt sich sogar entschlossen, den Klageweg in Bückeburg zu beschreiten.
Doch nun ranken sich um all das ganz viele Fragen. Die erste lautet, ob FDP und Grüne allein, ohne die AfD, überhaupt klagen könnten. Für ein Normenkontrollverfahren, mit dem allein ein Gesetz überprüft werden kann, haben sie nicht genügend Stimmen. Dabei gibt es eine Norm in der Verfassung, die den Nachtrag tatsächlich berührt: Laut Artikel 68 muss die Regierung genau darlegen, welche Folgekosten „auf absehbare Zeit“ mit dem neuen Haushaltsgesetz einhergehen. Die Opposition bezweifelt, dass dies ausreichend geschehen sei – zumal mit Blick auf die zur Beschlussfassung anstehende Gebührenfreiheit der Kindergärten, über deren Auswirkungen Land und Kommunen noch verhandeln. Allerdings hätten FDP und Grüne allein nur die Chance, ein „Organstreitverfahren“ in Bückeburg anzustrengen. Dabei geht es aber nicht um die Überprüfung eines Gesetzes, sondern nur um die Frage, ob die klagenden Oppositionspolitiker womöglich in ihren Parlamentsrechten verletzt wurden. Das heißt: Eine Klage, so sie denn überhaupt zugelassen würde, hätte wohl nur einen sehr eng begrenzten Bereich, der damit vom Staatsgerichtshof geprüft werden könnte. Der Kern der Sache wäre wohl ausgeklammert.
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Noch eine schlechte Nachricht gab es am gestrigen Mittwoch in der Sitzung des Landtags-Haushaltsausschusses für die Opposition: Der Vertreter des juristischen Dienstes des Landtags, besonders aber der des Landesrechnungshofs teilten die Einschätzung von FDP und Grünen nicht, dass die Landesregierung schon bei der Anmeldung der 99 neuen Stellen in den Ministerien konkret hätte beschreiben müssen, was genau die neuen Mitarbeiter tun müssen. Natürlich sei es wünschenswert, möglichst viele Informationen früh zu haben, „aber rechts- der verfassungswidrig ist der Haushaltsplanentwurf deshalb nicht“, sagte Rechnungshof-Vizepräsident Thomas Senftleben – zur Überraschung von Grascha, der ein schärferes Urteil erhofft hatte.
Immerhin hatte die nachhaltig vorgetragene Kritik von Grünen und FDP doch die Wirkung, dass sowohl das Wirtschafts-, als auch das Kultusministerium im Ausschuss nähere Erklärungen zu den geplanten neuen Stellen abgegeben haben. Im Wirtschaftsministerium sind es 26 zusätzliche Positionen, im Kultusressort fünf. Wirtschafts-Staatssekretär Behrend Lindner erläuterte ausführlich und detailliert, wo die neuen Mitarbeiter eingesetzt werden sollen.
Digitalisierung (9 Stellen): Ein Staatssekretär (B9), ein Referat mit vier Stellen (Breitbandausbau), zwei Referate mit je fünf Stellen (Grundsatzfragen der Digitalisierung und Vernetzung mit Bund, EU und anderen). Ein Referatsleiter erhält B2, die anderen beiden A15.
Bürokratieabbau (3 Stellen): Die neue Stabstelle wird von einem Mitarbeiter mit B2 geleitet, zwei Mitarbeiter haben A15 und A11. Bislang war Bürokratieabbau auf die Rechtsvereinfachung in der Staatskanzlei konzentriert. Lindner sagt, es gehe hier vor allem darum, Investitionshemmnisse für Mittelstand und Industrie abzubauen. Wenzel spricht von „unnötigen Doppelzuständigkeiten“.
„Ressortkoordination“ (9 Stellen): Zunächst ein persönlicher Referent für den Staatssekretär (A15), dann der Leiter der neuen Abteilung Z (B6), sein Stellvertreter (B3) und eine B2- und A11-Stelle für Service- und Planungsfunktionen. Hinzu kommen Koordinatoren für die CDU-geführten Ministerien für Agrar (A16), Justiz (A15), Finanzen (A15), Wissenschaft (A14) und ein Mitarbeiter für Grundsatzfragen (A13). Eine Stelle wird verlagert aus anderen Bereichen, kommt also nicht neu hinzu. Grascha nennt das „das Entstehen einer zweiten Staatskanzlei“, denn dort werde nichts anderes gemacht als heute und auch künftig in der Staatskanzlei unter Stephan Weil (SPD), nur das dies hier unter CDU-Führung geschehe.
Beteiligungsmanagement (3 Stellen): Für die Beratung von Minister Althusmann in seiner VW-Aufsichtsratstätigkeit soll ein Mitarbeiter aus einem anderen Referat versetzt, zwei neue Stellen sollen geschaffen werden – ein Jurist (B2) und ein Wirtschaftswissenschaftler (A16). Wenzel sieht auch hier „Doppelarbeit“, weil es auch in der Staatskanzlei Zuarbeit für Stephan Weil als VW-Aufsichtsratsmitglied gibt.
Planungsbeschleunigung (2 Stellen): Zum Vorantreiben von Vorhaben werden zwei neue Mitarbeiter (A14 und A13) eingestellt.
Kultusministerium (6 Stellen): Neben Behrend Lindner vom Wirtschaftsministerium erläuterte auch Abteilungsleiter Michael Markmann vom Kultusministerium, welche neuen Stellen in seinem Haus geplant sind: Leitung der neuen Abteilung für frühkindliche Bildung, Inklusion und Digitalisierung (B6), Referat zur „Stärkung der Dienstleistungsorientierung der Landesschulbehörde“ (A16), „Innovation im frühkindlichen Bereich“ (A15), „Medienbildung in der Schule“ (A15), „Ressourcensteuerung für pädagogische Mitarbeiter“ (A14) und „Vorhabenplanung“ (A15) zur Verstärkung von Kabinetts- und Landtagsreferat. Auch der „gewaltige Aufwand“, die alte Software für Statistik und Unterrichtsversorgung zu erneuern, müsse in den nächsten Jahren geleistet werden, betonte Markmann.
Justizministerium: Nicht direkt im Ministerium, aber im Unterbau sollen 40 Stellen für Richter und Staatsanwälte geschaffen werden. Das Geld wird umgeschichtet, da das Ministerium weniger ausgibt für Asylverfahren vor Verwaltungsgerichten und für VW-Klageverfahren. (kw)