Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann hat sich dafür ausgesprochen, den Unternehmenssteuersatz in Deutschland deutlich abzusenken. „Wir müssen die Unternehmen entlasten, damit sie mit denen anderer Länder konkurrieren können“, sagte Althusmann am Montag auf einer Veranstaltung des Familienunternehmer-Verbandes in Hannover. Zahlreiche Länder korrigieren ihre Unternehmenssteuern derzeit nach unten. Belgien will die Steuern von 34 Prozent auf nur noch 25 Prozent senken, Frankreich von über 33 Prozent auf ebenfalls 25 Prozent. Auch Italien, Dänemark oder die Slowakei senken Steuern. Althusmann sieht auch bei Forschungsförderung und Abschreibungsmöglichkeiten dringenden Reformbedarf.

Niedersachsens Wirtschaftsminister Bernd Althusmann bei den Familienunternehmern – Foto: MB.

Der Wettbewerb für die deutsche und internationale Wirtschaft werde zunehmend härter. Der Veränderungsdruck sei enorm hoch. Hinzu kämen Herausforderungen wie der Brexit. Deutschland sei deshalb gut beraten, sich um die Kernfragen zu kümmern. „Es mögen wichtige Debatten sein, ob man wegen Feinstaub Böller in den Innenstädten verbietet oder der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck seinen Twitter-Account abmeldet. Die Kernfrage ist aber, wie wir die Unternehmen für die Zukunft aufstellen“, sagte Althusmann. In einigen Bereichen brauche das Land „nationale Kraftanstrengungen“. So sei bei der Digitalisierung eine „Lust auf Infrastruktur“ nötig. Nur so könne Deutschland eines der leistungsfähigsten der Welt bleiben. „Manche Debatte über soziale Sicherungssysteme erweckt den Eindruck, dass wir bei Null anfangen würden“, wunderte sich Althusmann. Die Zahlen sprechen allerdings eine andere Sprache. Mehr als 40 Prozent des Bundeshaushalts fließen in den Bereich Arbeit und Soziales. „Man sollte nicht vergessen, dass das Geld erst erwirtschaftet werden muss“, mahnte der Wirtschaftsminister.

Es mögen wichtige Debatten sein, ob man wegen Feinstaub Böller in den Innenstädten verbietet oder der Grünen-Vorsitzende Robert Habeck seinen Twitter-Account abmeldet. Das ist aber nicht die Kernfrage.

Im anschließenden Gespräch brannte vor allem das Thema Bürokratie den Familienunternehmern unter den Nägeln. Zudem sehe man sich „von der Verwaltung missachtet“, schimpfte Eike Hamer von Valtier, Vorstandsmitglied der Familienunternehmer in der Region Hannover. „Wir werden als Untertanen betrachtet, die gefälligst den Vorschriften nachkommen sollen.“ In der Finanzverwaltung werde „bewusst beschissen“, man lasse es immer wieder auf einen Prozess ankommen. Mit den Worten „Sie sind keine Untertanen. Sie erarbeiten jeden Tag, was wir in der Politik verteilen“, ging Althusmann auf die Unternehmer zu. Er gestand ein, dass das Beauftragtenwesen stark zugenommen habe und „deutlich entschlackbar“ sei. Hier sei man in einigen Punkten über das Ziel hinausgeschossen. Auch in der Bauwirtschaft gebe es zu viel Bürokratie. „Obwohl es DIN-Normen gibt, haben wir 16 verschiedene Landesbauordnungen, die komplexeste in Niedersachsen.“ Das sei eine Aufgabe für den Kollege Olaf Lies, „der hier und da ja auch gerne ein bisschen Wirtschaftspolitik macht“, stichelte Althusmann. Er bemängelte erneut eine „Verrechtlichung aller gesellschaftlichen Bereiche“, die das Leben schwer mache und dem Mittelstand zum Teil die Luft zum Atmen nehme. „Wir wollen künftig bei jedem Gesetz sehr genau hinschauen, ob die Bürokratiekosten in einem angemessenen Verhältnis stehen.“ Zugleich warnte er aber auch vor überbordender Kritik an zahlreichen Regeln. Einen völlig rechtsfreien Raum würden die Unternehmen schließlich auch nicht wollen. Man müsse einen guten Mittelweg finden.


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Neben dem schärferen internationalen Wettbewerb und zu viel Bürokratie gibt es ein weiteres Thema, dass den Unternehmern Sorge bereitet. Rund zwei Drittel sehen den Fachkräftemangel als das eigentliche konjunkturelle Risiko. Althusmann rief erneut dazu auf, das Bildungspotenzial der 2,1 Millionen Menschen ohne Schul- und Berufsabschluss tatsächlich zu heben. Auch die 50.000 Schulabbrecher pro Jahr seien 50.000 zu viel. „Wir werden uns deutlich anstrengen müssen, um die Förderung inländischer Potenziale in den Blick zu nehmen. Dabei müssen wir auch einmal über Ausbildungsberufe und deren Inhalte sprechen mit dem Ziel, junge Menschen, die vielleicht weniger über theoretische und mehr über praktische Fähigkeiten verfügen, in eine Ausbildung zu bringen. Es können nicht 2,1 Millionen Menschen nicht ausbildungsfähig sein.“