Wirtschaft stürzt ab: IHKN sieht „Konjunkturentwicklung in Moll“
Die Wirtschaft in Niedersachsen geht auf Talfahrt und ein Ende des Abschwungs ist nicht absehbar. Das geht aus neuen Daten der Industrie- und Handelskammer Niedersachsen (IHKN) hervor. Von einer „Konjunkturentwicklung in Moll“ sprach IHKN-Hauptgeschäftsführer Horst Schrage am Donnerstag in Hannover. Die Wirtschaft habe mit schwierigen Zeiten zu rechnen. „Manchmal bin ich etwas erstaunt, wenn in Berlin oder bei der Landesregierung von einer konjunkturellen Delle gesprochen wird. Ich sehe nicht, wo der Wendepunkt sein kann“, meint Schrage.
Knapp 1900 Unternehmen hat die Kammer für ihre aktuelle Konjunkturumfrage angeschrieben. Die Ergebnisse zeigen, dass inzwischen viele Branchen vom Abschwung betroffen sind. Der Großhandel rechnet weiter mit rückläufigen Umsätzen, der Einzelhandel befürchtet stagnierende Umsätze, Dienstleiter und Verkehrsgewerbe sehen ebenfalls pessimistisch in die Zukunft. Allein auf dem Bau läuft es immer noch rund, die Auftragsbücher sind immer noch voll. Insgesamt schlagen die negativen Erwartungen aber voll auf den IHKN-Konjunkturklimaindex durch. Er sinkt um 10 Punkte auf jetzt 95 Punkte und liegt damit deutlich unter dem langfristigen Durchschnitt.
Geschäftslage, Erwartungen, Auftragseingänge, Auftragsbestand, Exporterwartungen, Investitionspläne: Die Kurven gehen überall nach unten – und zwar mit Schwung. Die Gründe für den Abschwung sind Schrage zufolge vielfältig. Dabei geht es zum Beispiel um die Dauerdebatte um den Brexit, aber auch um die zähen und harten Handelsstreitigkeiten zwischen China und den USA. Im Inland machen den Unternehmen Fragen um die digitale Zukunft und Änderungen in der Mobilität zu schaffen. „Die Zulieferer sind verunsichert und stehen vor großen Herausforderungen“, sagt Schrage.
Unternehmen beklagen wirtschaftliche Rahmenbedingungen
Das größte Risiko sehen 58 Prozent der Unternehmen immer noch im Fachkräftemangel. Allerdings ist die Zahl leicht zurückgegangen, Wenig überraschend, schließlich werden in schlechteren Zeiten auch weniger Mitarbeiter benötigt. Auf Platz zwei der Top-Risiken finden sich inzwischen die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, die von 54 Prozent der Unternehmen genannt werden, das sind sieben Prozentpunkte mehr als im Vorjahr.
Man sehe daran „die Ungeduld mit spürbaren mittelstandsrelevanten Entscheidungen in der Politik“, so Schrage. „Die Unternehmen berichten immer noch von sehr starker Bürokratisierung sowie hohen Abgaben und Steuern. Sie warten dringend auf Entlastung und Impulse.“ Bei der IHKN wünscht man sich zum Beispiel schlankere Genehmigungsverfahren und einen schnelleren Ausbau der Infrastruktur. Nur ein „Belastungstopp“ für die Wirtschaft reicht Schrage zufolge nicht aus.
Skeptisch steht er eher klassischen Konjunkturprogrammen des Staates gegenüber. Das Ankurbeln der Wirtschaft durch staatliche Nachfrage konzentriere sich im Wesentlichen auf Bauleistungen. In diesem Bereich gebe es bisher aber gar kein Problem. Deshalb gebe es auf dem Bau gar keine Kapazitäten, um staatliche Aufträge zügig abzuarbeiten.