Die Corona-Krise versetzt die niedersächsischen Unternehmen in helle Aufregung. Wirtschaftsminister Bernd Althusmann teilte am Dienstag mit, seit Tagen häuften sich die Anfragen nach Nothilfen. Man habe mit einigen 100 Anträgen gerechnet, es seien nun „täglich mehr als 2000“ gewesen. Von heute Nachmittag an, sobald der Landtag den Nachtragshaushaltsplan beschlossen haben wird, soll die N-Bank die Programme für Liquiditätshilfen und Kredite schleunigst genehmigen. Er hoffe, dass dort 400 Kreditanträge täglich bearbeitet werden können und wöchentlich 1000 Begehren auf finanzielle Unterstützung bewilligt werden.

„Wir wollen zügig und unbürokratisch vorgehen“, betonte der Minister. Gleichzeitig haben Unternehmer einen Brandbrief an Politik und Verwaltung verfasst. In dem Schreiben, das fast 40 Unternehmer, die allermeisten davon aus Niedersachsen, unterschrieben haben, zeichnen sie ein dramatisches Bild. Unterbrochene Lieferketten könnten die Versorgung mit dringend benötigten Geräten der Medizintechnik empfindlich stören und damit Menschenleben gefährden. Initiator des Schreibens ist der Geschäftsführer des hannoverschen Maschinenzulieferers Nass Magnet, Klaus Kirchheim. Als Beispiel nennen die Autoren geschlossene Unternehmen der Kunststoff- und Metallindustrie in Norditalien. Dort ist ein wichtiger Produktionsstandort für die Dichtungen, die für Intensivbetten und Beatmungsgeräte dringend benötigt werden.

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„Entsteht durch Schließung von Produktionen oder logistische Störungen von Lieferketten ein Engpass an Dichtungen – und das steht bevor – so werden keine Ventile und in der Folge keine Beatmungsgeräte und Intensivbetten produziert“, heißt es in dem Schreiben. Betroffen von den Engpässen wäre den Autoren zufolge auch die Agrar- und Lebensmittelindustrie. Die Unternehmer fordern die Politik auf, ihren Einfluss geltend zu machen, um in Deutschland, aber auch in Europa Industrieproduktion und Lieferketten aufrecht zu erhalten. „Die Lieferbeziehungen und -ketten sind so komplex, dass man mit Schließungen von Produktionen und Transportwegen immer auch die Versorgung der Bevölkerung mit zur Krisenbewältigung dringend benötigten Gütern gefährdet!“

Wirtschaft: Gesundheitssystem braucht Beschäftigungssicherung

Darüber hinaus appelliert die Wirtschaft an die Politik, die Sicherung der Beschäftigung nicht aus den Augen zu verlieren. Es gehe auch nicht um die Frage „Gesundheit oder Beschäftigung“. Beide Ziele bedingten mittel- und langfristig einander. Ohne Beschäftigungssicherung in der Krise sei die Finanzierung eines wirksamen, möglichst noch verbesserten Gesundheitssystems nicht möglich, mahnen die Unternehmer. Zur Beschäftigungssicherung habe die Politik schon viele richtige Entscheidungen getroffen.


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„Leider sind die Maßnahmen aber noch nicht ausreichend wirksam. Unternehmen berichten, dass Arbeitsagenturen nicht erreichbar sind, Kurzarbeitsanträge nur mit langem Vorlauf genehmigt und für Entscheidungen über Kredit- und Bürgschaftsgenehmigungen mehrere Wochen veranschlagt werden“, heißt es in dem Schreiben. Der Hauptgeschäftsführer von Niedersachsenmetall, Volker Schmidt, schlägt zudem als weitere Maßnahme vor, die Umsatzsteuervorauszahlung auszusetzen. Die Zahlungen orientierte sich schließlich an der Einnahmesituation des Vorjahres, die 2020 beim besten Willen nicht mehr zu erreichen sei. „Eine Aussetzung der Zahlungen wäre pragmatisch, unbürokratisch und könnte sofort umgesetzt werden“, sagte Schmidt dem Politikjournal Rundblick.

Althusmann erläuert das Milliardenprogramm des Landes

Althusmann erläuterte die Programme des Landes. So ist geplant, zunächst 100 Millionen für Liquiditätshilfen an Firmen mit bis zu 49 Beschäftigten zu geben – als Einmalzahlung zwischen 3000 und 20.000 Euro je nach Mitarbeiterzahl. Der Bund will Zuschüsse von 9000 Euro an Firmen mit bis zu fünf und von 15.000 Euro an solche mit bis zu 10 Beschäftigten auszahlen (als Hilfe für drei Monate), verlangt dafür dann jeweils eine eidesstattliche Erklärung. Beide Programme sollen laut Althusmann „miteinander verzahnt werden“. Name, Ort und Kurzbericht des Unternehmens sollten für die Zuschussgewährung reichen. In bis zu drei Tagen nach der Antragstellung solle die Zusicherung kommen und das Geld fließen. Er rechne hier auch „mit Trittbrettfahrern“, sagte der Minister, also mit Leuten, die Unterstützung begehren, obwohl ihr Unternehmen schon vor der Corona-Krise marode war.

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Die N-Bank bearbeitet darüber hinaus auch ein Kreditprogramm mit bis zu 50.000 Euro je Fall. Hier sei eine „kursorische Prüfung“ der Kreditwürdigkeit vorgeschaltet werden, die N-Bank agiere hier wie eine übliche Hausbank. Je Fall soll ein maximal halbstündiges Telefonat mit einem N-Bank-Vertreter als Entscheidungshilfe reichen. Bis zu 50 Mitarbeiter bei der N-Bank stünden dafür parat. Die IHK, sagte Althusmann, habe die Zahl von bis zu 100.000 Unternehmen in Niedersachsen genannt, die Hilfe beanspruchen könnten.

Landesweit gibt es 220.000 kleine und mittelständische Firmen, davon 20.000 Hotels und Restaurants. Als weitere Schritte schließt der Minister verstärkte Landesbeteiligungen nicht aus, außerdem wollten die Finanzämter bis Ende dieses Jahres keine Steuer-Vorauszahlungen auf Einkommens-, Körperschafts- und Umsatzsteuer verlangen. Die zinsfreie Stundung könne über ein vereinfachtes Formular beantragt werden.